James Murdoch in Abhöraffäre unter Druck

London (dpa) - Im Abhörskandal um die britische Zeitung „News of the World“ gerät nun auch der Sohn von Medienmogul Rupert Murdoch, James Murdoch, immer stärker in Bedrängnis. Ehemalige Mitarbeiter greifen ihn an.

James Murdoch, Europachef des Medienimperiums News Corp., habe sich bei seiner Aussage vor einem Ausschuss des britischen Parlamentes am vergangenen Dienstag in mindestens einem Fall „geirrt“ und unrichtige Aussagen gemacht. Das teilten der frühere Chefredakteur des mittlerweile eingestellten Skandalblattes, Colin Myler, sowie der ehemalige Rechtsanwalt des „News of the World“-Verlages News International, Tom Crone, am späten Donnerstagabend mit.

Der 38 Jahre alte James Murdoch könnte nun aufgefordert werden, die Sache klarzustellen, hieß es am Freitag aus dem Ausschuss, der sich der Aufklärung des seit Jahren laufenden Skandals verpflichtet hat. Ein Abgeordneter der sozialdemokratischen Labour-Partei, Tom Watson, gab den Fall zur Untersuchung an Scotland Yard weiter.

Der britische Premierminister David Cameron, der in der Affäre selber wegen angeblicher Verstrickungen unter Druck steht, forderte eine Erklärung: „Herr Murdoch muss eindeutig einige Fragen im Parlament beantworten, und ich bin sicher, dass er das tun wird.“ News International habe „einiges aufzuräumen“, und dafür sei das Management des Unternehmens zuständig. Der Chef der oppositionellen Labour-Partei, Ed Miliband, erklärte, dass die Menschen die Wahrheit über Murdochs Wissenstand erfahren wollten.

Bei den Vorwürfen geht es um die Frage, ob James Murdoch frühzeitig von einer Email gewusst hatte, die Hinweise darauf gab, dass die Abhörpraktiken bei „News of the World“ keinesfalls nur die Taten eines einzelnen Journalisten waren. Murdoch hatte gesagt, er habe dieses Schriftstück erst später gesehen.

Myler und Crone behaupten jedoch, sie hätten die Email Murdoch bereits im April 2008 gezeigt und ihn damit auf die Verbreitung der Praktiken aufmerksam gemacht. Murdoch betonte in einer Mitteilung, er stehe zu den Aussagen, die er vor dem Parlaments-Sonderausschuss gemacht habe.

Rupert und James Murdoch hatten sich am Dienstag zwar für die Affäre entschuldigt, aber keine Verantwortung dafür übernommen. Bei Murdochs Skandalblatt „News of the World“ hatten Journalisten die Telefone von vermutlich rund 4000 Prominenten und Privatleuten abgehört, darunter auch die von Mordopfern und den Witwen getöteter Soldaten. 2007 waren ein früherer Reporter und ein Privatdetektiv deshalb zu mehrmonatigen Haftstrafen verurteilt worden. Das wahre Ausmaß der illegalen Recherchemethoden war aber verborgen geblieben.

Unterdessen teilte die britische Anwaltsvereinigung The Law Society mit, dass einige ihrer Mitglieder von der Polizei gewarnt worden seien, dass ihre Telefone von Journalisten abgehört worden sein könnten. Das Telefon eines Rechtsanwaltes anzuzapfen, sei eine sehr ernste Angelegenheit, betonte der Vorsitzende der Vereinigung, Des Hudson. „Wenn das Anzapfen mit dem Ziel geschah, die Handlungen eines Gerichtes zu unterlaufen, dann wäre das ein Versuch, die Rechtsfindung zu behindern, und damit eine ernsthafte Straftat.“

Den Murdochs droht derweil auch in den USA weiteres Ungemach. Der britische Sender BBC berichtete, der US-Geheimdienst FBI wolle den Schauspieler Jude Law kontaktieren und ihm mitteilen, dass sein Telefon während eines Aufenthaltes in den USA angezapft worden sei. Law gehört zu den prominentesten bislang bekannten Opfern der Abhörmethoden in Großbritannien. Sollte sich herausstellen, dass sein Handy abgehört wurde, während es über ein US-Netzwerk lief, könnte News International auch dort ein Rechtsstreit drohen, hieß es von der BBC. Offizielles gab es dazu zunächst nicht.

Das „Wall Street Journal“ berichtete am Freitag, das US-Justizministerium bereite im Zuge vorläufiger Ermittlungen förmliche Anfragen an die News Corp. vor. Dabei gehe es um mutmaßliche Bestechung sowie um den Verdacht, dass die Telefone von Opfern der Terroranschläge vom 11. September 2001 in New York abgehört worden sein könnten. Eine Sprecherin des Unternehmens sagte der Zeitung, es gebe keine Anzeichen dafür, dass an den Anschuldigungen etwas dran sein könnte.