Japan kippt seine Klimaschutzziele
Warschau/Tokio (dpa) - Mitten in der Warschauer Klimakonferenz hat Japan sein Ziel zur Senkung der Treibhausgase über Bord geworfen.
Wegen der Abschaltung sämtlicher Atommeiler wegen der Atomkatastrophe in Fukushima setze Japan verstärkt auf die Verbrennung von Gas, Öl und Kohle, sagte ein Regierungssprecher am Freitag in Tokio. Die Entscheidung stieß bei Umweltorganisationen auf der UN-Klimakonferenz in Warschau auf scharfe Kritik.
Die Mehrheit der Experten sei sich einig, dass die meisten fossilen Brennstoffe nicht genutzt werden dürften, um katastrophale Klimaauswirkungen zu vermeiden, sagte Martin Kaiser, Leiter der Greenpeace-Delegation auf dem Gipfel, am Freitag. Wenn Japan auf Gas, Öl und Kohle setze, habe dies fatale Auswirkungen auf die Klimagespräche in Warschau. „Wir haben bereits vor der erwarteten Ankündigung die Auswirkungen auf die Verhandlungen gespürt.“
Japan erklärte das 2009 von der Vorgängerregierung ausgegebene Ziel für obsolet, den CO2-Ausstoß um 25 Prozent unter den Wert von 1990 zu senken. 1990 ist das Basisjahr für das Klimaschutzprotokoll von Kyoto. Nun soll der Ausstoß bis 2020 um 3,8 Prozent unter das Niveau von 2005 gedrückt werden. Damit würde der Ausstoß von Treibhausgasen gegenüber 1990 sogar um drei Prozent steigen.
Umweltminister Nobuteru Ishihara wollte auf der Warschauer Klimakonferenz ein Planziel für den Klimaschutz bekanntgeben, das Atomstrom zur Senkung der Treibhausgase nicht mit einkalkuliert. Tatsächlich will die Regierung aber die ersten Atomkraftwerke möglichst bald wieder hochzufahren. Vor der Atomkatastrophe in Fukushima am 11. März 2011 deckte die drittgrößte Volkswirtschaft der Welt ein Drittel ihres Strombedarfs mit Kernkraft.
Japans abgeminderte Ziele bei den Treibhausemissionen seien möglicherweise gut für die Industrie des Landes, sagte Hisayo Takada von Greenpeace Japan. „Aber für die übrigen Menschen in Japan werden sie ein Alptraum sein.“ Inga Römer, Klimaexpertin des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), nannte die japanische Ankündigung einen „Schlag ins Gesicht der Klimaopfer“.
Derzeit sind sämtliche Akw in Japan aus Sicherheits- und Wartungsgründen abgeschaltet. Zum Ausgleich wurden Wärmekraftwerke hochgefahren, für die Japan Rohöl und Kohle importiert. Im Unglücksreaktor Fukushima kommt es ständig zu neuen Pannen. So trat jetzt offenbar erneut ein Leck an einem Tank mit hochgradig verseuchtem Kühlwasser auf. An einem 500-Tonnen-Tank wurden Strahlenwerte bis 30 Millisievert pro Stunde gemessen.