Schwieriger Besuch in Russland Johnson und Lawrow überspielen frostige Beziehungen
Moskau (dpa) - Mit zwei scherzenden Außenministern haben Russland und Großbritannien einen Neuanfang ihrer gespannten Beziehungen versucht. Boris Johnson kam als erster britischer Außenminister seit fünf Jahren nach Moskau und begann den Besuch mit einer Warnung an den Kreml.
Russland solle aufhören, mit Cyberattacken die Stabilität in Europa zu untergraben. „Es gibt Bereiche, in denen sich Russland feindseliger gegenüber unseren Interessen verhält als je zuvor seit Ende des Kalten Krieges“, sagte er. Großbritannien werde sich notfalls mit gleichen Mitteln zu wehren wissen.
Die Äußerungen sorgten für einen frostigen Auftakt des Treffens mit dem russischen Außenminister Sergej Lawrow. „Es ist kein Geheimnis, dass unsere Beziehungen derzeit auf einem Tiefpunkt sind“, sagte Lawrow. Johnson nannte auch russische Übergriffe auf die Ukraine und eine Moskauer Einmischung auf dem Westbalkan als Streitpunkte. Zugleich betonte er, dass Moskau und London als ständige Mitglieder im UN-Sicherheitsrat in Fragen wie Syrien, Nordkorea oder dem Erhalt des Atomabkommens mit dem Iran zusammenarbeiten sollten.
Lawrow wies vor Journalisten zurück, Moskau habe sich irgendwo eingemischt. „Jedenfalls nicht erfolgreich“, konterte Johnson. Er bezeichnete sich als „Russophilen“ (Russland-Liebhaber), wofür schon sein Vorname Boris stehe.
Lawrow sagte auch, dass er trotz der Konflikte dem Briten vertraue. Johnson erzählte, er habe dem Russen seinen Mantel gegeben „mit allem was drin ist, geheim oder nicht“. Der russische Minister witzelte: „Ich kann sagen, dass in Boris' Taschen nichts war.“ Worauf der Brite das letzte Wort behielt: „Du hast also schon nachgeschaut!“
Das britisch-russische Verhältnis ist gespannt, seit russische Geheimagenten 2006 den Überläufer Alexander Litwinenko in London mit der radioaktiven Substanz Polonium ermordet haben. Die britische Regierung berichtet auch von immer mehr Hinweisen, dass Moskau 2016 die Bewegung für einen britischen EU-Austritt in sozialen Netzwerken massiv unterstützt haben könnte. Ähnliche Hinweise gibt es für die Präsidentenwahlen in Frankreich und den USA sowie die katalanische Unabhängigkeitsbewegung in Spanien.