Kabul kommt nicht zur Ruhe: Angriff auf Hilsorganisation
Kabul (dpa) - Afghanische Sicherheitskräfte haben während elf Stunden langer Gefechte auf dem Gelände der internationalen Hilfsorganisation Care drei Angreifer getötet. Weitere sechs Menschen seien verletzt worden, meldete der Sprecher des Innenministeriums Sedik Sedikki.
Demnach wurden 42 Menschen, unter ihnen zehn Ausländer, aus dem umkämpften Gebiet im Zentrum Kabuls gerettet. Bislang hat sich niemand zu der Tat bekannt. Es war der sechste große Anschlag in der afghanischen Hauptstadt seit Mitte Juni.
Den ganzen Morgen über waren in Kabul Schusswechsel und Explosionen zu hören. Fotos vom Angriffsort zeigen eine Straße mit einem metertiefen Krater, eine eingestürzte Mauer und geschwärzte Wände eines dreistöckigen Gebäudes mit herausgesprengten Fenstern. Die Angreifer hatten um 23.00 Uhr (Ortszeit/20.30 MESZ) vor dem Haus im belebten Einkaufs- und Hotelviertel Schar-e Nau zunächst eine Autobombe gezündet. Laut Innenministerium kam dabei einer der Angreifer ums Leben.
Sicherheitskräfte sprachen in der Nacht zunächst von einem Angriff auf ein kleines Hotel. Care hat auf der einen Straßenseite Büros, auf der anderen ein Gästehaus für Mitarbeiter. Es wurde aber nicht unmittelbar klar, wo die Angreifer zuerst eingedrungen waren oder wo sie sich am Morgen verschanzt hatten. Der Sender Tolo TV berichtete, das eigentlich Ziel sei das benachbarte Büro des ehemaligen Chefs des Geheimdienstes NDS, Rahmatullah Nabil, gewesen.
Die normalerweise belebte Neustadt (Schar-e Nau) blieb am Morgen weiträumig abgesperrt. An jeder Straßenecke standen Sicherheitskräfte. Tausende Geschäfte blieben geschlossen. Die Wucht der Explosion hatte im ganzen Viertel Fensterscheiben zersplittern lassen. Der Anschlag erfolgte nur wenige Tage vor Beginn des islamischen Opferfestes an diesem Sonntag.
Care arbeitet mit Unterbrechungen seit 1961 in Afghanistan. Die Organisation konzentriert sich vor allem auf Bildungsprogramme für Mädchen. Andere Tätigkeitsfelder sind laut Webseite der Organisation Frauenförderung, ländliche Entwicklung und Nothilfe.
Nur wenige Stunden vor dem nächtlichen Anschlag waren bei einem Doppelanschlag der radikalislamischen Taliban vor dem Verteidigungsministerium mindestens 24 Menschen getötet und mehr als 90 worden.
Kabul wird seit Monaten von kleineren und großen Anschlägen erschüttert. Erst vor zwei Wochen hatten Talibankämpfer den Campus der Amerikanischen Universität gestürmt und 16 Menschen getötet. Auch die drei Angreifer kamen ums Leben. Vor fünf Wochen hatten Taliban das Ausländerhotel Northgate in Kabul angegriffen. Dabei waren ein Polizist und die drei Angreifer getötet worden.
Ende Juli starben bei einem Bombenanschlag der Terrormiliz Islamischer Staat auf eine Großdemonstration 80 Menschen, mehr als 200 wurden verletzt. Ende Juni hatten Taliban einen Polizeikonvoi angegriffen und mehr als 30 junge Rekruten getötet. Mitte Juni waren 14 internationale Sicherheitskräfte bei einem Selbstmordanschlag auf ihren Bus ums Leben gekommen.