Karfreitag-Prozessionen erinnern an Leiden Christi
Rom/Jerusalem (dpa) - Papst Benedikt XVI. hat Meditationen zur Familie ins Zentrum der traditionellen Kreuzweg-Andacht am Karfreitagabend vor dem Kolosseum in Rom gerückt.
Das Kirchenoberhaupt bat das italienische Ehepaar Danilo und Anna Maria Zanzucchi von der Fokolar-Bewegung, in diesem Jahr die Betrachtungen zu den einzelnen Stationen auf dem Leidensweg Jesu zu verfassen. Die abendliche Zeremonie mit dem Papst an Roms Wahrzeichen gilt als besonders ergreifend. Tausende Gläubigen, Pilger und Touristen verfolgen sie.
Um Leiden und Lasten gemeinsam tragen zu können, bittet das Ehepaar in seinen Meditationen „um die Hilfe der Gesellschaft, der wir Familien als lebendiger und formender Teil angehören“, berichtete Anna Maria Zanzucchi im Radio Vatikan. Familien werde heute kein großer gesellschaftlicher Stellenwert zugestanden, beklagte sie. Die Fokolar-Bewegung ist eine in Italien gegründete katholische geistliche Gemeinschaft, die sich für Familie und Gemeinschaft engagiert.
In der Altstadt von Jerusalem haben sich am Karfreitag tausende Gläubige und Schaulustige an der traditionellen Prozession durch die Via Dolorosa beteiligt. Nach altem Brauch wurde der Zug von Franziskaner-Mönchen angeführt. Die Gläubigen empfinden bei der Prozession den Leidensweg Jesu nach. Einige trugen ein Stück der Strecke große Holzkreuze, die dem Kreuz, an das Jesus vor fast 2000 Jahren geschlagen wurde, nachempfunden waren. Die anderen Teilnehmer führten kleine Nachbildungen mit.
Jesus wurde nach christlichem Glauben am Karfreitag verurteilt und auf dem Hügel Golgatha gekreuzigt. 14 Stationen auf dem Leidensweg markieren die Stellen, an denen er unter dem Gewicht des schweren Holzkreuzes zusammenbrach. Dort verharrten die Gläubigen jeweils für ein Gebet. Die Prozession endete in der Grabeskirche. Die Basilika steht der Überlieferung nach an der Stelle, an der Jesus Christus gekreuzigt und dann begraben wurde.
„Ich bin sehr ergriffen und glücklich, dass ich Jerusalem besuchen und die Orte sehen kann, an denen Jesus leiden musste“, sagte die französische Pilgerin Christine der Nachrichtenagentur dpa. Gregg McIntyre aus den USA kommt nach eigenen Angaben fast zu jedem Osterfest nach Jerusalem. „Es ist eine glückliche Zeit für mich“, sagte er, während er mit seiner Frau an der Prozession teilnahm. Der Deutsche Stan war als Zuschauer dabei: „Ich bin das erste Mal in der Altstadt von Jerusalem“, erzählte er.
Am Morgen hatte der lateinische Patriarch Fouad Twal in der Grabeskirche die religiösen Feierlichkeiten zum Karfreitag im Beisein von mehreren hundert Gläubigen begonnen. Am Nachmittag war dort traditionell eine symbolische Grablegung Jesu geplant.
Die israelischen Sicherheitskräfte waren in erhöhte Alarmbereitschaft versetzt worden. Auch das Westjordanland wurde abgeschottet. Grund war nicht nur das christliche Osterfest, sondern vor allem das jüdische Pessach-Fest. Dabei erinnern die Menschen an die Befreiung der Juden aus der Gefangenschaft in Ägypten.
Nach Angaben der israelischen Behörden erhielten 500 palästinensische Mitglieder der kleinen und bedrängten christlichen Gemeinde im Gazastreifen sowie 20 000 palästinensische Christen aus dem Westjordanland Sondergenehmigungen für die Einreise nach Israel, um an den Osterfeierlichkeiten teilnehmen zu können.