Kein Ende der Hiobsbotschaften in Schuldenkrise

Rom/Athen/Madrid/Brüssel (dpa) - Kein Ende der schlechten Nachrichten: Auch Spanien macht wieder Schlagzeilen in der Schuldenkrise. Die Finanzmärkte reagieren nervös - auch, weil Italien und Griechenland weiter über Reformen reden, statt sie durchzusetzen.

Die Zinsen, die Frankreich und Belgien für zehnjährige Staatsanleihen zahlen müssen, sprangen hoch. Spanien muss inzwischen die höchsten Zinsen für Anleihen seit 14 Jahren zahlen. Experten begründeten das Misstrauen der Anleger vor allem mit den Problemen bei der Regierungsbildung in Italien. Hier schien am Dienstagabend aber eine Lösung in Sicht. Derweil bangt die Regierung in Athen weiter um Finanzhilfen, weil das Parlament noch bis zum Mittwochabend über Reformen und den Sparkurs debattiert.

In Italien stand der designierte Ministerpräsident Mario Monti bei der Bildung einer Notregierung vor einem Durchbruch. Die beiden größten Parteien des Landes, Silvio Berlusconis PdL (Volk der Freiheit), und die Mitte-Links-Partei PD (Demokratische Partei), sagten ihre Unterstützung zu. Nach zweitägigen Konsultationen will der ehemalige EU-Kommissar am Mittwoch Staatspräsident Giorgio Napolitano über seine Gespräche informieren. Monti zeigte sich zufrieden mit den Ergebnissen der Gespräche mit den sozialen und politischen Gruppen und mit der „Opferbereitschaft“. Die jetzige Phase der Krise könne überwunden werden, meinte er am Dienstagabend. Ein Kabinett Monti könnte bis Freitag vom Parlament bestätigt sein.

Monti hat den Auftrag, möglichst bald mit einer Übergangsregierung dringend notwendige Reformen in dem hoch verschuldeten Land durchzusetzen. Damit soll er Italien aus der Schusslinie der nach wie vor skeptischen und nervösen Finanzmärkte nehmen.

Griechenland hat zwar eine neue Regierung, aber das Parlament debattiert noch immer über schmerzhafte Reformen und Sparmaßnahmen. In einer Regierungserklärung hatte Ministerpräsident Lucas Papademos seinen Landsleuten reinen Wein über die desolaten Staatsfinanzen eingeschenkt und gleichzeitig um Unterstützung aller Griechen für seinen Reformkurs geworben.

Dennoch zittert Griechenland weiter um die dringend benötigte Finanzspritze in Höhe von acht Milliarden Euro. Ohne dieses Geld kann die Regierung Löhne und Renten nur noch bis Mitte Dezember zahlen. Papademos will deshalb am kommenden Montag (21. November) in der EU-Zentrale in Brüssel für seinen Reformkurs werben. Brüssel forderte eine schriftliche Zusicherung der versprochenen Reformen.

Griechische Offizielle treffen sich nach einem Medienbericht an diesem Mittwoch mit Vertretern internationaler Kreditgeber und privater Gläubiger zu Verhandlungen über einen Anleihetausch. Wie die griechische Zeitung „Kathimerini“ (Dienstag) ohne Angaben von Quellen berichtete, sollen in Frankfurt Gespräche über den beim letzten EU-Gipfel vereinbarten Schuldenschnitt stattfinden. Die Schulden des pleitebedrohten Landes sollen dadurch bis 2020 auf 120 Prozent des Bruttoinlandsprodukts gedrückt werden. Derzeit liegen sie bei mehr als 160 Prozent. Für 2012 wird sogar ein Wert von 200 Prozent befürchtet.

Auch für Italien zeichnet sich keine Entwarnung auf den Finanzmärkten ab: Die Zinsen für zehnjährige Staatsanleihen lagen am Dienstag knapp über der kritischen Sieben-Prozent-Schwelle, ab der Griechenland, Portugal und Irland Hilfen beantragen mussten.

Weil die Risikoprämien für spanische Staatsanleihen weiter steigen, pocht Brüssel auf die Fortführung des Sparkurses in der viertgrößten Volkswirtschaft der Eurozone. „Wir setzen darauf, dass der Weg der Haushaltskonsolidierung sowohl auf der Ebene der Zentralregierung als auch der Regionen fortgesetzt wird“, sagte der Sprecher von EU-Währungskommissar Olli Rehn in Brüssel. In Spanien stehen am Sonntag vorgezogene Parlamentswahlen an.

Außer den Euro-Sorgenkindern Griechenland, Italien und Spanien stoßen auch Staatsanleihen aus Frankreich, Belgien und Österreich auf steigendes Misstrauen am Anleihemarkt.

Zur besseren Überwachung der Finanzmärkte schob die EU hochspekulativen Finanzmarktgeschäften mit Staatsanleihen und Kreditausfallversicherungen einen Riegel vor. Das EU-Parlament stimmte in Straßburg mit überwältigender Mehrheit einem entsprechenden Gesetzesvorschlag zu. Die neuen Transparenzregeln für zwei hochspekulative Finanzinstrumente, also für Leerverkäufe und Kreditausfallversicherungen, „werden künftig erheblich zur Stabilität der Finanzmärkte beitragen“, sagte der CSU-Europaabgeordnete Markus Ferber. Bei Leerverkäufen spekulieren Investoren auf den Kursverlust eines Wertpapieres.