Kerry droht Isis mit Luftschlägen
Bagdad (dpa) - Angesichts des Vormarsches der islamistischen Terrorgruppe Isis sind die USA auch vor Abschluss einer Regierungsbildung im Irak zu Militärschlägen bereit.
„Sie (die Kämpfer der Isis) stellen eine Gefahr dar“, sagte US-Außenminister John Kerry nach Angaben des State Department am Montag während eines Besuchs in Bagdad. „Ihnen kann nirgendwo ein sicherer Zufluchtsort gewährt werden“. Präsident Barack Obama werde sich bei militärischen Schritten im Zweifel nicht davon abhalten lassen, dass die Bildung einer neuen Regierung noch nicht abgeschlossen sei.
Zugleich drängen die USA und die EU nach rund zwei Wochen Isis-Terror, dass sich die Politiker der drei größten Bevölkerungsgruppen - der Schiiten, Sunniten und Kurden - endlich auf eine Regierung der nationalen Einheit verständigen. „Der Irak steht vor einer existenziellen Bedrohung, und die irakischen Führer müssen dieser Bedrohung mit der gebotenen Eile begegnen“, sagte Kerry. Dies sei nicht in der kommenden Woche oder im kommenden Monat, sondern jetzt. „Isis kämpft, um den Irak zu teilen und zu zerstören“, sagte Kerry.
Die Terrorgruppe Isis ist im Irak seit zwei Wochen auf dem Vormarsch Richtung Bagdad und kontrolliert bereits erhebliche Teile des Landes. Auch am Montag hissten die Dschihadisten wieder ihre schwarze Flagge - in dem Ort Al-Alam südöstlich der Stadt Tikrit und in Tal Afar im Nordwesten. Die selbst ernannten Gotteskrieger wollen langfristig über Landesgrenzen hinweg ein Kalifat im Nahen Osten errichten.
Al-Maliki steht seit langem in der Kritik, weil seine von Schiiten dominierte Regierung die Sunniten im Irak diskriminiert. Der Regierungschef lehnt einen Rücktritt jedoch ab. Laut dem Nachrichtenportal „Al-Sumaria“ sagte er beim Treffen mit Kerry, die stärkste politische Kraft im Land müsse die nächste Regierung bilden. Al-Maliki war aus den Parlamentswahlen im Mai mit seiner Rechtsstaats-Allianz als Sieger hervorgegangen. Der Regierungschef ist seit 2006 im Amt.
Auch mit einem Seitenhieb auf den Iran, der die Schiiten unterstützt, sagte Kerry: „Die Vereinigten Staaten wählen keinen Führer, wir stellen keine Bedingungen im Bezug darauf, wer sich (an der Regierungsbildung) beteiligen kann. Das ist Sache des Iraks.“
Das Problem bei der Regierungsbildung besteht nicht nur darin, dass es einen Machtkampf zwischen Schiiten, Sunniten und Kurden gibt, sondern auch zwischen Politikern der einzelnen Lager. Nach den Worten eines US-Regierungsbeamten ist in Bagdad zu hören, dass die Kurden wieder den Präsidenten, die Schiiten den Ministerpräsidenten und die Sunniten den Parlamentssprecher und Vizepräsidenten stellen wollten. Aber die Parteien könnten sich bislang nicht auf die Kandidaten einigen.
Die EU stockte ihre humanitäre Hilfe für den Irak um fünf auf 12 Millionen Euro auf. Die EU-Außenminister beschlossen bei ihrem Treffen in Luxemburg, mit der Finanzspritze vor allem der stark betroffenen kurdischen Region im Irak beizustehen, wo hunderttausende Flüchtlinge untergekommen sind. „Die EU ... ist ernsthaft beunruhigt über die sich entwickelnde humanitäre Krise und besonders über die massive Vertreibung von Zivilisten durch die Kämpfe“, heißt es in einer Erklärung der Ressortchefs.
Die Außenminister verurteilten den Vormarsch der Isis-Dschihadisten scharf. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) sagte, es komme jetzt auf die Bildung einer Regierung an, die alle Regionen und alle Religionen einschließe. So könnte weitere Unterstützung der sunnitischen Bevölkerung für die Isis-Gruppen verhindert werden.
Die USA hatten angekündigt, das irakische Militär im Kampf gegen die Terrormiliz zu unterstützen. Washington setzt dabei unter anderem auf einen möglichst kurzen Einsatz von rund 300 Soldaten, die als Militärberater in den Irak geschickt werden sollen.
Das Pentagon teilte mit, dass diese beratenden Soldaten im Irak Immunität erhalten. Dies habe die irakische Regierung in einer diplomatischen Note zugesichert, bestätigte Pentagon-Sprecher John Kirby. Obama hatte den Abzug amerikanischer Truppen 2011 unter anderem damit begründet, dass das irakische Parlament den Soldaten keine Immunität gewähren wollte.
Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton will am Dienstag in Brüssel mit Kerry über die Irakkrise beraten. Anschließend treffen sich die Nato-Außenminister. Auch sie wollen die Situation in dem arabischen Land erörtern.
Der Präsident der kurdischen Autonomieregion Massud Barsani deutete zugleich in einem CNN-Gespräch an, dass sich die Kurden vom irakischen Staatsgebiet abspalten könnten. Barsani forderte auch einen Rücktritt des umstrittenen Regierungschefs Nuri al-Maliki, weil dieser die Gefahr durch Isis ignoriert habe.