Kerry vermittelt Nahost-Gespräche: Netanjahu verspricht Ehrlichkeit
Tel Aviv/Ramallah (dpa) - Israel und die Palästinenser wollen erstmals seit September 2010 wieder direkt miteinander über eine Friedenslösung reden.
Als Geste des guten Willens und Zugeständnis an die Palästinenser kündigte Israel am Wochenende an, eine größere Zahl von palästinensischen Häftlingen freizulassen. Zugleich appellierte Israels Regierungschef am Sonntag an die Palästinenser, Konzessionen zu machen, um die Sicherheitsinteressen Israels zu wahren.
Die von US-Außenminister John Kerry vermittelten Gespräche lösten ein geteiltes Echo aus. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon lobte die Vermittlung, und die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton unterstrich den Mut des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu und des palästinensischen Präsidenten Mahmud Abbas. Dagegen herrschen in Israel und bei den Palästinensern am Sonntag weiter viel Skepsis und Misstrauen.
Zum einen handelt es sich erst um Vorgespräche vor den eigentlichen Friedensverhandlungen. Und zum anderen sind die Bedingungen, unter denen die Unterhändler erstmals wieder direkt miteinander reden, weitgehend unklar.
Kerry mahnte, zu viel Öffentlichkeit könnte den Bemühungen schaden. „Das Übereinkommen muss noch formell ausgearbeitet werden, und deshalb werde ich auf keinen Fall hier jetzt über Einzelheiten sprechen“, sagte er zum Abschluss seiner sechsten Vermittlungsreise in den Nahen Osten am Freitag in der jordanischen Hauptstadt Amman.
„Die Verhandlungen mit den Palästinensern werden nicht einfach, aber wir beginnen sie mit Integrität, Ehrlichkeit und Hoffnung“, sagte Netanjahu am Sonntag nach Angaben seines Büros während einer Kabinettssitzung.
Netanjahu nannte zwei Ziele für die Gespräche: Demnach will er einen binationalen Staat - aus Israel und den Palästinensergebieten - verhindern. Zum anderen soll das Entstehenden eines terroristischen, vom Iran unterstützten Palästinenserstaates an Israels Grenzen unmöglich gemacht werden.
Unklar blieb auch am Sonntag, ob und welche Konzessionen beide Seiten gemacht haben. Das israelische Kabinettsmitglied Juval Steinitz schloss aus, dass Israel die von Abbas aufgestellten Bedingungen eines völligen Siedlungsstopps und der Anerkennung der Grenzen von 1967 akzeptiert haben könnte. Allerdings sollten palästinensische Häftlinge freigelassen werden, was für die Palästinenser von großer symbolischer Bedeutung wäre. Das führende PLO-Mitglied Wessel Abu Jussef, sagte hingegen, nur unter den von Abbas genannten Bedingungen seien Verhandlungen überhaupt möglich.
Einem unbestätigten Bericht des „Wall Street Journal“ zufolge sagte ein ungenannter palästinensischer Funktionär, Kerry habe Abbas mitgeteilt, Netanjahu habe ihm einen „stillschweigenden Siedlungsstopp“ für die Zeit der Verhandlungen zugesagt. Zudem habe Kerry dem Palästinenserpräsidenten „persönlich garantiert“, dass die Verhandlungen auf Grundlage der Grenzen von 1967 geführt würden.
Die weltweiten Reaktionen waren positiv. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon lobte die Vermittlung von US-Außenminister John Kerry. Bundesaußenminister Guido Westerwelle äußerte sich vorsichtig optimistisch: „Das kann der erste Schritt zu einem Durchbruch nach dem Stillstand im Nahost-Friedensprozess in den letzten Jahren sein.“ Nur die im Gazastreifen herrschende radikal-islamische Hamas und der Iran lehnten neue Gespräche erwartungsgemäß ab.