Tote bei Angriff auf Islamisten-Kundgebung in Ägypten
Kairo (dpa) - Beim Angriff auf eine Demonstration von Anhängern des gestürzten Präsidenten Mohammed Mursi sind im ägyptischen Nil-Delta mindestens drei Frauen getötet worden.
Gewalttätige Gruppen hätten die Kundgebung im Zentrum von Al-Mansura am späten Freitagabend mit Messern, Schrotgewehren und anderen Schusswaffen überfallen, berichtete die Tageszeitung „Al-Masry Al-Youm“ in ihrer Online-Ausgabe unter Berufung auf Augenzeugen. Der neue ägyptische Außenminister Nabil Fahmi kündigte am Samstag eine teilweise Abkehr von der Außenpolitik Mursis an. Laut Auswärtigem Amt telefonierte er auch mit dem deutschen Außenminister Guido Westerwelle.
„In Hinblick auf Syrien wird alles einer Überprüfung unterzogen“, sagte Fahmi am Samstag auf einer Pressekonferenz in Kairo. Er ließ aber offen, ob dies die Wiederaufnahme der diplomatischen Beziehungen bedeute. Es waren Fahmis erste Äußerungen seit der Vereidigung der Übergangsregierung zu Wochenbeginn. Mursi, der aus der Muslimbruderschaft kommt, hatte die diplomatischen Beziehungen zu Damaskus im Vormonat abrupt abgebrochen. Das Regime von Machthaber Baschar al-Assad führt in Syrien einen blutigen Bürgerkrieg gegen Aufständische, unter denen Angehörige der syrischen Muslimbruderschaft stark vertreten sind.
Dem Bundesaußenminister erläuterte Fahmi am Samstag den politischen Fahrplan der Übergangsregierung, wie das Auswärtige Amt mitteilte. Westerwelle habe die Notwendigkeit der Wiederaufnahme des Demokratisierungs- und Reformprozesses in Ägypten betont. Notwendig sei ein inklusiver politischer Prozess, der alle wesentlichen Kräfte der Gesellschaft einschließen müsse.
Als erstes ausländisches Staatsoberhaupt seit dem ägyptischen Umsturz traf am Samstag König Abdullah II. von Jordanien in Kairo ein. Er wurde am Flughafen von Ministerpräsident Hasem al-Beblawi empfangen.
Nach Angaben der Islamisten sollen bei dem Zwischenfall in Al-Mansura nicht nur drei, sondern sogar vier Frauen ums Leben gekommen sein. In den Medienberichten war darüber hinaus von Dutzenden Verletzten die Rede.
Essam al-Arian, ein Mitglied der Führung der Muslimbruderschaft, erhob am Samstag schwere Vorwürfe gegen die Sicherheitskräfte. „Es ist eine Schande für die Verschwörer des blutigen Militärputsches, ihre Unterstützer und alle, die über die Menschenrechtsverletzungen schweigen, dass Frauen in Al-Mansura vor den Augen von Armee und Polizei mit Messern und scharfer Munition getötet werden“, schrieb er im Kurznachrichtendienst Twitter.
Am Freitag waren erneut Zehntausende Anhänger Mursis im ganzen Land auf die Straßen gegangen. Die größten Kundgebungen gab es in Kairo und in der Mittelmeer-Metropole Alexandria. Sie verliefen weitgehend friedlich. Die Demonstranten verlangten die Freilassung Mursis und seine Rückkehr an die Macht. Gegner der einjährigen Herrschaft Mursis hatten am Freitag auf dem zentralen Tahrir-Platz demonstriert.
Der Islamist Mursi war am 3. Juli nach tagelangen Massenprotesten vom Militär entmachtet worden. Der bisher einzige frei gewählte Präsident in der Geschichte des Landes wird seitdem an einem unbekannten Ort und ohne formelle Anklage festgehalten. Die Muslimbruderschaft bezeichnet den Umsturz als „Militärputsch“. Ihre Anhänger demonstrieren seitdem für die Wiedereinsetzung ihres Präsidenten.
Neue Gewalt gab es derweil auch im Norden der Sinai-Halbinsel. In der Region der Stadt Al-Arisch schlugen nach Angaben aus Sicherheitskreisen drei Raketen ein - zwei Menschen wurden getötet. Im Sinai tummeln sich seit dem Arabischen Frühling islamistische Milizen und Schmugglerbanden. Immer wieder gibt es Angriffe auf Sicherheitskräfte. Seit dem Sturz Mursis sind dabei den Angaben nach 13 Menschen getötet worden, darunter auch Soldaten und Polizisten.