Kims Familienclan festigt Macht in Nordkorea

Seoul/Pjöngjang (dpa) - Nach dem Tod des nordkoreanischen Alleinherrschers Kim Jong Il mehren sich die Anzeichen, dass dessen Familienclan seine Macht weiter gefestigt hat.

Nachdem Kims jüngster Sohn und erwählter Nachfolger, Kim Jong Un, bereits als neuer Oberbefehlshaber der Streitkräfte gefeiert wurde, pries ihn die Staatspresse des kommunistischen Landes am Montag auch als Leiter des Zentralkomitees der herrschenden Arbeiterpartei.

Am Abend (Ortszeit) hatte Kim in seiner Rolle als künftiger starker Mann Nordkoreas auch ein erstes Treffen mit Südkoreanern. In Pjöngjang begrüßte der noch nicht 30-Jährige zwei private Beileidsdelegationen um die 90-jährige Witwe des früheren Präsidenten Kim Dae Jung, Lee Hee Ho, und die Vorsitzende der Hyundai-Gruppe, Hyun Jeong Eun.

Kims einflussreicher Onkel Jang Song Thaek hatte sich am Vortag an der Seite seines Neffen und mehrerer Militärs am Glassarg des aufgebahrten Ex-Diktators in Pjöngjang gezeigt. Jang trug Militäruniform mit dem für die Machtausübung in Nordkorea wichtigen Rangabzeichen eines Generals.

„Lasst uns unser Leben einsetzen, um das Zentralkomitee der Partei unter der Führung des angesehenen Genossen Kim Jong Un zu schützen“, hieß es in einem Leitartikel des Parteiorgans „Rodong Sinmun“. Die Zeitung hatte Kim bereits zuvor als Oberbefehlshaber der Streitkräfte gepriesen.

Mit dem jüngsten Aufruf deutet Nordkorea nach Ansicht von Beobachtern darauf hin, dass der militärisch und politisch als unerfahren geltende Sohn irgendwann den Posten des Parteichefs übernehmen soll. Der Vorsitzende des Zentralkomitees ist in der Regel auch Generalsekretär der Partei.

Kim Jong Il hatte seinen Sohn schrittweise auf die dynastische Nachfolge in dritter Generation vorbereitet. Der langjährige Diktator, der die Macht von seinem 1994 gestorbenen Vater und „ewigen Präsidenten“ Kim Il Sung übernommen hatte, war nach offiziellen Angaben am 17. Dezember im Alter von 69 Jahren an einem Herzinfarkt gestorben.

Nordkorea habe Kims Onkel zum ersten Mal in Militäruniform im Fernsehen gezeigt, berichteten südkoreanische Medien. Jang Song Thaek (65) ist der Ehemann von Kim Jong Ils jüngerer Schwester. Er gilt schon seit längerem als graue Eminenz des Regimes und Mentor von Kim Jong Un.

Kim Jong Un habe sich bei den südkoreanischen Besuchern für ihre Anwesenheit bedankt, berichteten die Staatsmedien. Die beiden Gruppen um Lee Hee Ho und Hyun Jeong Eun besuchten das Kumsusan-Mausoleum, um dem Ex-Diktator die letzte Ehre zu erweisen. Seinem Sohn sprachen sie ihr Beileid aus. Zuvor waren die beiden Frauen zusammen mit Begleitern mit dem Auto über die befestigte innerkoreanische Grenze nach Pjöngjang gereist. Sie werden an diesem Dienstag in Südkorea zurückerwartet. Südkoreas Ex-Präsident Kim Dae Jung war im Juni 2000 zum ersten innerkoreanischen Gipfeltreffen nach Pjöngjang gereist.

Die Regierung in Seoul hatte nur diesen zwei Kondolenzdelegationen die Reise genehmigt. Nordkorea hatte sich deshalb verärgert gezeigt. Beide Länder befinden sich völkerrechtlich seit dem Ende ihres Bruderkriegs (1950-53) noch im Kriegszustand, da noch kein Friedensvertrag geschlossen wurde.

Japan und China wollen sich nach dem Tod von Kim Jong Il gemeinsam für Frieden und Stabilität auf der koreanischen Halbinsel einsetzen. Dies vereinbarten Japans Ministerpräsident Yoshihiko Noda und Chinas Staats- und Parteichef Hu Jintao am Montag, wie die Nachrichtenagentur Xinhua in Peking berichtete.

Die Sorge um die Sicherheitslage in Nordkorea hatte den seit längerem geplanten Besuch Nodas in der Volksrepublik China zwei Tage lang dominiert. Noda drängte die chinesische Führung, Nordkorea zur Rückkehr zu den unterbrochenen Sechs-Parteien-Gesprächen über das umstrittene nordkoreanische Atomprogramm, verlautete aus Kreisen seiner Delegation.