Koalitionskrach besiegelt Ende einer Freundschaft
Nach knapp einem Jahr Koalition verstricken sich die Politiker Clegg und Cameron in einen verbissen geführten Rosenkrieg.
London. Ein Jahr nach dem Regierungswechsel bahnt sich in Großbritannien eine schwere Koalitionskrise an. Zankapfel ist die Reform des Wahlrechts, über das am 5. Mai entschieden wird.
Der Ton, in dem die politische Debatte geführt wird, hat Konservative und Liberale schon im Vorfeld entzweit. Ob Vize-Premier Nick Clegg sich von der Schlammschlacht erholt, ist fraglich.
Im Mai 2010 standen sie im sonnigen Rosengarten der Downing Street und spielten sich die rhetorischen Bälle zu wie zwei Brüder. Tory-Chef David Cameron und Nick Clegg von den Liberalen kamen daher wie ein Doppelgänger-Duo, dem Wähler prompt den Spitznamen „Cleggeron“ verpassten.
Dass sie einander zum Verwechseln ähnlich sind, würde heute niemand mehr behaupten. Eher darf man rätseln, ob die beiden Ende nächster Woche überhaupt noch irgendeine Basis zur Zusammenarbeit sehen.
Der Frust ist groß — besonders beim Vize Nick Clegg, der mit dem Versprechen, das britische Wahlrecht zu reformieren, ein historisches Hoch für die Liberalen eingefahren hatte.
Doch Cameron attackiert Cleggs Vorzeigeprojekt, einst Dreh- und Angelpunkt der Koalitionsverhandlungen, längst auch öffentlich. Auf Plakaten, die sein Büro genehmigt hat, ist von Mehrkosten in Höhe von 300 Millionen Euro die Rede, sollte das Mehrheitswahlrecht geändert werden.
„Lügen und Täuschung“ wirft Clegg seinem Seniorpartner vor — und rückt ihn in die Nähe fragwürdiger Parteien. „Meine Gegner sind Cameron, dazu die rechtskonservativen Nationalisten und die Kommunisten“, so der Parteichef, „das spricht Bände darüber, wer in diesem Land den Status quo aufrecht erhalten will.“
Parteifreunde im Oberhaus springen Clegg beiseite: Cameron, so lässt etwa Lord Matthew Oakeshott verbreiten, sei ein „Attentäter, der lächelt und Nick dabei in den Rücken sticht.“