Kriseneinsatz: Westerwelle in Tunesien

Tunis (dpa) - Außenminister Guido Westerwelle (FDP) ist zu einem zweitägigen Besuch in Tunesien eingetroffen. Ziel seiner politischen Gespräche mit Vertretern von Regierung und Opposition ist es, die Gesprächsbereitschaft zur Beilegung der politischen Krise zu stärken.

Seit der Oppositionspolitiker Mohamed Brahmi am 25. Juli von vermutlich islamistischen Extremisten ermordet wurde, gibt es in Tunis täglich Demonstrationen, bei denen ein Machtverzicht der islamistischen Regierungspartei Ennahda gefordert wird. Tunesien ist das Mutterland des Arabischen Frühlings. In kein anderes Land der Region fließen mehr deutsche Gelder zur Förderung des Demokratisierungsprozesses.

Westerwelle wollte in der Hauptstadt Tunis am Mittwoch zunächst Staatspräsident Moncef Marzouki, Außenminister Othman Jarandi und Gewerkschaftsführer Houcine Abbasi treffen. Für Donnerstag sind Gespräche mit dem islamistischen Ministerpräsidenten Ali Laarayedh und Vertretern der Opposition geplant.

Der Bundesaußenminister will dabei zur Kompromissbereitschaft aufrufen. „Ein Abgleiten in Gewalt und auf der Straße ausgetragene Auseinandersetzungen wäre die denkbar schlechteste Perspektive für Tunesien“, hatte ein Sprecher des Auswärtigen Amts vor der Abreise erklärte.

Unmittelbar vor dem Besuch Westerwelles forderten bei einer Großdemonstration erneut Tausende Menschen den Rücktritt der von Islamisten dominierten Regierung. Die Gegner der Partei Ennahda versammelten sich am Dienstagabend vor dem Parlamentsgebäude in einem Vorort der Hauptstadt. Dort gibt es seit mehreren Wochen einen Sitzstreik gegen die Regierung.

Anlass der neuen Großdemonstration war der nationale Frauentag in Tunesien, zu dem auch die Ennahda zu einer Kundgebung aufgerufen hatte. Die Demonstration der Islamisten fiel allerdings deutlich kleiner aus. Die Zahl der Regierungsgegner wurde auf mindestens 15 000 geschätzt, die der Ennahda-Anhänger auf höchstens 2000.

Die Ennahda hatte im Herbst 2011 die erste Wahl nach dem Sturz von Präsident Zine el Abidine Ben Ali klar gewonnen. Seitdem führt sie eine Koalition mit der Mitte-Links-Partei CPR und der sozialdemokratischen Partei Ettakatol. Für Dezember ist eine Neuwahl des Parlaments geplant.