Österreich-Wahl Kurz und ÖVP laut Umfragen deutlich vorne
Wien · Bei Spätsommerwetter hatten am Sonntag die Österreicher die Wahl: Verhelfen sie Ex-Kanzler Sebastian Kurz zu einem neuen Triumph? Die SPÖ wittert Morgenluft - auch weil die FPÖ in der Krise steckt.
Die konservative ÖVP sieht dem Ausgang der Parlamentswahl in Österreich mit großem Optimismus entgegen. „Wir sind sehr zuversichtlich“, sagte Parteichef und Ex-Kanzler Sebastian Kurz am Sonntag vor zahlreichen Reportern. Er gilt als haushoher Favorit. „Unser wichtigstes Wahlziel ist, dass es keine Mehrheit gegen uns gibt“, sagte der 33-Jährige nach seiner Stimmabgabe in seiner früheren Schule in Wien. 6,4 Millionen Österreicher waren am Sonntag aufgerufen, einen neuen Nationalrat zu wählen. Die Wahl war durch den Bruch der ÖVP-FPÖ-Koalition im Mai nötig geworden. Das Bündnis zerbrach wegen des Skandals um das Ibiza-Video, das den Ex-Vizekanzler und Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache massiv in Misskredit gebracht hatte.
Der neue FPÖ-Chef Norbert Hofer räumte eine starke Belastung durch die jüngsten Vorwürfe gegen Ex-Parteichef Strache ein. „Die Ausgangssituation stellt eine echte Herausforderung dar“, meinte Hofer in seinem Heimatort Pinkafeld. Gegen Strache wird wegen des Verdachts der Untreue ermittelt. Es gibt Anhaltspunkte, dass er sich private Rechnungen von der Partei bezahlen ließ. Strache bestreitet die Vorwürfe.
SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner erklärte, dass die Wähler es nun in der Hand hätten, eine Fortsetzung des ÖVP-FPÖ-Bündnisses zu verhindern. Die SPÖ habe im Wahlkampf-Finale einen starken Rückenwind gespürt. Nach bisherigen Umfragen droht den Sozialdemokraten ein historisches Tief.
Laut Umfragen wird die ÖVP mit rund 34 Prozent der Stimmen die Wahl deutlich gewinnen. Die SPÖ folgt demnach auf dem zweiten Platz. Ihr werden etwa 22 Prozent zugetraut. Die Grünen erhoffen ihr Comeback im Parlament mit rund 13 Prozent. Die liberalen Neos dürften bei acht Prozent liegen. Die rechte FPÖ, bisheriger Koalitionspartner von Kurz, lag in Umfragen zuletzt bei 20 Prozent.
Im Wahlkampf spielten neben der Klimakrise Themen wie bezahlbares Wohnen, Migration und Bildung eine Rolle. Mit Rücksicht auf die Pendler haben sich ÖVP und SPÖ gegen eine CO2-Steuer ausgesprochen. Das Vertrauen der Österreicher in Kurz ist trotz der vorzeitig gescheiterten Koalition laut Umfragen weiter groß. Könnten die Bürger den Kanzler direkt wählen, bekäme Kurz 41 Prozent der Stimmen, weit abgeschlagen dagegen sind FPÖ-Chef Hofer und die SPÖ-Vorsitzende Rendi-Wagner mit jeweils rund 20 Prozent.
Kurz war im Mai im Gefolge der Ibiza-Affäre durch ein Misstrauensvotum des Parlaments nach 18 Monaten im Amt gestürzt worden. Der von den Sozialdemokraten lancierte Schritt brachte der SPÖ ein deutliches Minus in den Umfragen. Seit Mai regiert eine Übergangsregierung aus Beamten unter Kanzlerin Brigitte Bierlein das Land. Sie bleibt bis zur Bildung einer neuen Regierung im Amt. Es wird mit langen Koalitionsverhandlungen gerechnet.
Die letzten Wahllokale schließen um 17 Uhr. Traditionell werden in Österreich die Stimmen der meisten Briefwähler erst am Montag ausgezählt. Damit wird am Sonntagabend zunächst ein offizielles Ergebnis nur auf Grundlage der Urnenwahl vorliegen. Die Hochrechnungen werden diesen Aspekt berücksichtigen und ein voraussichtliches Endergebnis inklusive der Briefwähler ausweisen.