Harsches Urteil Lange Haft für Veteran der Demokratiebewegung in China
Wuhan (dpa) - Einen Tag nach der Freilassung und Ausreise der Witwe des chinesischen Friedensnobelpreisträgers Liu Xiaobo nach Deutschland ist der prominente chinesische Dissident Qin Yongmin zu 13 Jahren Haft verurteilt worden.
Ein Volksgericht in Wuhan (Provinz Hubei) sprach den 64-Jährigen am Mittwoch wegen „Untergrabung der Staatsgewalt“ schuldig. Wie der vor einem Jahr in Haft an Leberkrebs gestorbene Liu Xiaobo war Qin Yongmin eine herausragende Figur der Menschenrechts- und Demokratiebewegung in China.
Der Bürgerrechtler hat wegen seiner prodemokratischen Aktivitäten schon Haftstrafen von insgesamt 22 Jahren abgesessen. Qin Yongmin war in den 90er Jahren Mitbegründer der Demokratischen Partei Chinas, die sich vergeblich neben der alleinherrschenden Kommunistischen Partei an mehreren Orten registrieren lassen wollte. 2010 wurde er aus der Haft entlassen und wurde politisch wieder aktiv, was ihn erneut ins Visier der Staatssicherheit brachte.
Die Anklage warf ihm jetzt vor, die Demokratische Partei mitgegründet, Geld aus dem Ausland angenommen und andere Bürgerrechtler finanziell unterstützt zu haben. Wie die Menschenrechtsgruppe China Human Rights Defenders (CHRD) berichtete, sind ihm auch seine Schriften vorgehalten worden, in denen er den Schutz der Menschenrechte nach den UN-Konventionen gefordert hatte.
Er sei in dem Prozess im Mai gesundheitlich in einem schlechten Zustand und zeitweise kaum bei Bewusstsein gewesen. Seine Anwälte hätten sich geweigert, das Transkript der Verhandlung zu unterschreiben, um dagegen zu protestieren, dass ihm ein gerechtes Verfahren verweigert worden sei, berichtete die Organisation weiter. Bei seiner Festnahme 2015 sei auch seine Frau Zhao Sile mit ihm verschwunden. Seit 2017 stehe sie unter Hausarrest.
Das harsche Urteil erfolgte nur einen Tag nachdem Liu Xia, die Witwe seines früheren Mitstreiters Liu Xiaobo, nach acht Jahren Hausarrest in Peking freigelassen worden und nach Berlin ausgereist war. Die unter Depressionen leidende Künstlerin traf am Dienstagabend nach einem Zwischenstopp in Helsinki auf dem Flughafen in Berlin-Tegel ein. Die 57-Jährige verbrachte die erste Nacht in Freiheit mit Freunden wie dem im Exil lebenden Schriftsteller Liao Yiwu.
Die Freilassung der Künstlerin wurde als „längst überfällige humanitäre Geste“ international begrüßt, doch verwiesen Menschenrechtsexperten auf viele andere Fälle von Dissidenten in China wie Qin Yongmin oder Bürgerrechtsanwälte, die in Haft genommen worden waren. „Es gibt so viele Fälle, um die wir uns auch kümmern müssen“, sagte ein Freund von Liu Xia in Peking, der engen Kontakt zu ihr und zu Familien inhaftierter Anwälte hat.
UN-Menschenrechtskommissar Prinz Zeid Raad al-Hussein begrüßte die Freilassung von Liu Xia, forderte aber zugleich die Freilassung anderer Aktivisten. „Ich hoffe, dass auch Menschenrechtsverteidiger, ihre Familien und Anwälte, die ihrer Freiheit beraubt wurden, weil sie kritische Ansichten geäußert haben, auf freien Fuß gesetzt werden“, sagte der Jordanier. Er forderte, dass auch Liu Xias Bruder erlaubt werde, seiner Schwestern nach Deutschland zu folgen.
Indem Liu Hui in Peking bleiben muss, wird der Bruder nach Angaben von Freunden als „Geisel“ benutzt, um die Künstlerin von kritischen Äußerungen oder politischen Aktivitäten im Ausland abzuhalten. An diesem Freitag, dem ersten Todestag des Friedensnobelpreisträgers, organisieren Freunde eine Gedenkfeier in der Berliner Gethsemane-Kirche, um an das Leben und Werk von Liu Xiaobo zu erinnern - darunter der Sänger und frühere ostdeutsche Dissident Wolf Biermann, die Literaturnobelpreisträgerin Herta Müller und der im Exil lebenden Schriftsteller Liao Yiwu.