Lebenslange Haft für Chinas Ex-Polit-Star Bo Xilai
Peking (dpa) - Der gestürzte chinesische Spitzenpolitiker Bo Xilai ist zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Vier Wochen nach dem spektakulären Schauprozess verkündete das Volksgericht in der ostchinesischen Stadt Jinan am Sonntag den Schuldspruch wegen Korruption und Amtsmissbrauchs.
Das Urteil gegen den 64-Jährigen fiel höher aus als allgemein erwartet. Das Gericht verfügte auch die Beschlagnahmung des gesamten Besitzes des Ex-Politbüromitglieds.
Die Kommunistische Partei hofft, mit dem Schuldspruch den größten Skandal ihrer jüngeren Geschichte abschließen zu können. Der frühere Polit-Star, der einst gute Aussichten auf einen Aufstieg in die neue Führungsspitze hatte, war nach den ersten Enthüllungen im März 2012 als Parteichef der 30-Millionen-Metropole Chongqing gestürzt worden. Sein Rauswurf hatte die Partei vor dem Generationswechsel in der Führung im November des Jahres in eine schwere Krise gestürzt.
Das Gericht warf Bo Xilai vor, Bestechungsgelder in Höhe von 20,44 Millionen Yuan (2,4 Millionen Euro) angenommen zu haben. Die Schmiergelder seien direkt an ihn oder über seine Frau Gu Kailai und seinen Sohn Bo Guagua gelaufen. Im Gegenzug habe der Politiker reichen Geschäftsleuten zu lukrativen Projekten und Genehmigungen verholfen. Er habe „vorsätzlich“ gehandelt. Der Fall habe „äußerst schlechte soziale Auswirkungen gehabt und schweren Schaden verursacht“.
In den Staatsmedien werteten Kommentatoren die hohe Strafe als Beweis für die Entschlossenheit der Führung im Kampf gegen Korruption von „Tigern und Fliegen“, sprich hohen und einfachen Funktionären. Bo Xilai hatte die Vorwürfe kämpferisch bestritten. Es wurde erwartet, dass er innerhalb von zehn Tagen Berufung einlegen wird. Die Chancen seien aber „sehr, sehr gering“, meinte Rechtsprofessor Li Zhaojie von der Tsinghua Universität. Chinesische Beobachter gehen nicht davon aus, dass das Urteil in der nächsten Instanz verworfen werden könnte.
Das Verfahren stieß auf Kritik von Menschenrechtlern. Es sei ein „politischer Schauprozess“ gewesen, sagte der Forscher Nicholas Bequelin von Human Rights Watch. „Es erfüllte nicht einmal die Mindeststandards eines ordentlichen Verfahrens.“ Auch sei die Wahrheit über den Machtmissbrauch Bo Xilais nicht aufgedeckt worden.
Bequelin verwies auf dessen „brutale Kampagne gegen organisiertes Verbrechen“ sowie „willkürliche Festnahmen, Folter und Entführungen“ durch seine rechte Hand, Polizeichef Wang Lijun. Geschäftsleute, politische Gegner oder Anwälte seien in Haft oder Arbeitslager gesteckt worden. Nur das Zerwürfnis zwischen Bo Xilai und dem „Super-Bullen“ habe den Machenschaften ein Ende gesetzt.
Die Weggefährten waren nach dem Mord an dem befreundeten britischen Geschäftsmann Neil Heywood durch die Frau des Politikers aneinandergeraten. Das Gericht warf Bo Xilai auch vor, die Tat vertuscht zu haben. Gu Kailai war im August 2012 zu einer Todesstrafe auf Bewährung verurteilt worden, was meist in lebenslange Haft umgewandelt wird. Der Polizeichef erhielt im September 2012 wegen Korruption, Fahnenflucht und Amtsmissbrauchs 15 Jahre Haft.
Wegen seiner sozialen Politik und „roten Kampagnen“ in Chongqing war Bo Xilai zur Galionsfigur der linken Kräften aufgestiegen und genießt bis heute viele Sympathien. Er ist Sohn des Revolutionsveteranen Bo Yibo, der zu den „Acht Unsterblichen“ der Partei gehörte. Das Gesetz hätte auch eine Todesstrafe ermöglicht, was Beobachter gegen ein Mitglied einer derart prominenten Politikerfamilie aber für unwahrscheinlich gehalten hatten.
Die Vorwürfe der Bestechlichkeit beziehen sich auf 1999 bis 2012. In dieser Zeit war Bo Xilai zu einem der mächtigsten Politiker des Landes aufgestiegen - vom Bürgermeister der Hafenstadt Dalian über Gouverneur der Provinz Liaoning zum Handelsminister sowie Parteichef von Chongqing und Politbüromitglied. Nach dem Urteil kommt Bo Xilai voraussichtlich ins Prominentengefängnis Qincheng in Peking, wo sein Vater schon während der Kulturrevolution gesessen hatte.