Libyen: Kämpfe im Westen von Misrata
Tripolis/Kairo (dpa) - Die Aufständischen in Libyen haben ihre Angriffe im Westen von Misrata verstärkt. Ihre Verbände seien erneut gegen die Stadt Slitan vorgerückt, die von Truppen des Machthabers Muammar al-Gaddadi gehalten wird, berichtete der Rebellen-Fernsehsender Libya TV am Dienstag.
Bei einem Artilleriegefecht waren an dieser Front am Vortag zwei Aufständische getötet und ein weiteres Dutzend verletzt worden. Das bestätigten Krankenhausärzte in Misrata. Gaddafis Truppen beschossen mit ihren Raketen auch die Raffinerie von Misrata. Dabei seien zwei Generatoren schwer beschädigt, aber keine Öllager getroffen worden, berichtete ein dort arbeitender Ingenieur. Slitan liegt 160 Kilometer, Misrata 210 Kilometer östlich der Hauptstadt Tripolis.
Gaddafi erklärte unterdessen einmal mehr seine Gesprächsbereitschaft, diesmal bei einer Schachpartie mit dem Chef des Weltschachverbandes FIDE, Kirsan Iljumschinow. Gaddafi fordere aber, dass die Nato zuvor ihre Luftangriffe in dem nordafrikanischen Land einstelle. Das sagte Iljumschinow am Dienstag nach Angaben der Agentur Interfax in Moskau.
Iljumschinow und Gaddafi hatten am Sonntag in der libyschen Hauptstadt Schach gespielt. Gaddafi hat bereits mehrfach Feuerpausen und Waffenruhen sowie Verhandlungsbereitschaft angekündigt, sich aber nie daran gehalten.
Die Nato bombardierte indes erneut Kommandozentralen in der Hauptstadt Tripolis. Das nordatlantische Bündnis werde fortfahren, „dem Regime die Fähigkeit zu nehmen, Angriffe zu koordinieren und Gewalt gegen die Zivilbevölkerung anzuwenden“, erklärte ein Nato-Sprecher am Dienstag in Neapel. Nato-Kampfhubschrauber hätten außerdem bei Misrata zwei Schlauchboote der Gaddafi-Marine zerstört, die die Hafeneinfahrt der Rebellen-Hochburg zu verminen versuchten.
Gaddafi könnte nach den Worten seines geflohenen Zentralbankchefs Farhat Bengdara bald das Geld ausgehen. Angesichts eingefrorener Auslandsvermögen und der durch Nato-Luftschläge und Rebellenangriffe unterbrochenen Treibstofflieferungen werde das Regime binnen Wochen zusammenbrechen, sagte Bengdara am Montag der Finanznachrichtenagentur Bloomberg in Dubai.
Als er sich Ende Februar von Gaddafi losgesagt habe und außer Landes geflohen sei, habe das Regime noch über Barreserven im Umfang von 500 Millionen US-Dollar verfügt. „Es ist fast aufgebraucht“, sagte Bangdara. „Sie haben keinen Treibstoff mehr für Panzer. Es ist eine Frage von Wochen“, bis Gaddafi stürze.
Auf äußerstes Missfallen beim angeschlagenen Regime von Oberst Gaddafi stieß der Besuch von Bundesaußenminister Guido Westerwelle in der Rebellen-Hochburg Bengasi. Tripolis betrachte dies als „unverantwortlichen Schritt“ sowie als „eklatante Verletzung der nationalen Souveränität und Einmischung in die inneren Angelegenheiten eines souveränen Staates und UN-Mitgliedslandes“, hieß es in einer Erklärung des Außenministeriums, die am Dienstag in der libyschen Hauptstadt veröffentlicht wurde.
Westerwelle hatte am Montag Bengasi besucht und die dortige Übergangsregierung der Gaddafi-Gegner als legitime Vertretung des libyschen Volkes anerkannt.