Margaret Thatcher: Eisern, kantig und unerbittlich
Margaret Thatcher stand für eine klare Linie und harte Reformen — doch sie hatte auch einen weichen Kern.
London. Mit Margaret Thatcher hat Großbritannien eine der schillerndsten und willensstärksten Persönlichkeiten verloren. Die erste und einzige Premierministerin des Landes starb am Montagmorgen im Alter von 87 Jahren an einem Schlaganfall.
1979 schreibt Margaret Hilda Roberts, Tochter eines Lebensmittelhändlers aus dem trostlosen Nest Grantham, Geschichte. Ausgestattet mit dem Leistungswillen und den klaren Werten ihrer einfachen Herkunft zieht sie als erste Premierministerin in die 10 Downing Street ein.
53 Jahre ist sie zu dem Zeitpunkt alt, gestählt durch viele politische Niederlagen im Vorfeld. Ihr größter Kampf jedoch steht ihr da noch bevor: Sie setzt gegen massive Proteste mehr Selbstverantwortung, Privatisierung von Staatsbetrieben und die Einschränkung von Sozialleistungen durch.
Ganze Landstriche verwandeln sich durch den Niedergang des Bergbaus in Geisterzonen. Die Umwälzungen federt Thatcher allerdings kaum ab. Stattdessen verkauft sie zusätzlich Hunderttausende Sozialwohnungen. Die Briten werden unter ihr zu einem Volk der Immobilienbesitzer, müssen sich aber auch an einen neuen Anblick gewöhnen: Obdachlose mit Schlafsäcken zeigen, dass nicht jeder Thatchers Ideal nachkommen konnte.
Thatchers Unnachgiebigkeit und ihr unbedingter Führungswille provozieren viele leidenschaftliche Kritiker, doch ihre Art hatte auf Zeitgenossen, sogar auf politische Feinde, gleichzeitig magnetische Wirkung. Sie faszinierte — auch Männer, nach deren Regeln sie oft besser spielte.
Sie war wie viele „Alpha-Politiker“ klug, scharfsinnig und schlagfertig. Maliziöse Bemerkungen verpackte sie in damenhaftem Ton. Legendär ist in Großbritannien etwa ihre Unterhaltung mit einem Kellner, der sie fragt, wie sie denn ihr Steak gern hätte. Thatcher: „Britisch, gut durch“. „Und Ihr Gemüse, Madame?“, fragte er weiter. „Das Gemüse“, sagt Thatcher und zeigt auf ihre Minister am Tisch, „das Gemüse nimmt das Gleiche.“
So eng sich Margaret Thatcher mit dem US-Präsidenten Ronald Reagan anfreundete, so gespalten blieb ihr Verhältnis zu Helmut Kohl und Deutschland. Besonders zur Wendezeit verschlechterte sich das deutsch-britische Verhältnis, als sie sich gegen die Wiedervereinigung stark macht.
Die Beharrlichkeit und die Dominanz, die ihr nach oben verholfen hatten, beschleunigten am Ende ihren politischen Niedergang. Ihre Karriere geriet 1990 ins Schlingern, weil sie die wachsende innerparteiliche Opposition unterschätzte. Am 22. November 1990 macht die Eiserne Lady den Weg frei für andere. Margaret Thatcher ist untröstlich. Und weil die Briten ihre weiche Seite nicht kennen, nimmt kaum jemand das Ausmaß ihrer Erschütterung wahr. Als ihre Limousine endgültig die 10 Downing Street verlässt, hat sie Tränen in den Augen.
Schrille Chefin oder Alpha-Frau mit Herz? Eine einhellige Meinung ließ sich auf der Insel nie ausmachen. Wegen ihrer Demenz war Thatcher zuletzt nicht mehr in der Lage, für sich selbst und ihr politisches Erbe Wort zu ergreifen. Die Frage nach dem Menschen hinter der Macht wird nun neu gestellt werden.