Merkel und Sarkozy für Schuldenbremse
Paris (dpa) - Deutschland und Frankreich machen Druck bei der angestrebten Stabilisierung der Euro-Zone. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy verständigten sich am Dienstag in Paris auf weitreichende Vorschläge für ein besseres Krisenmanagement.
Im Zentrum: eine Wirtschaftsregierung, eine verbindliche Schuldenbremse in allen 17 Euro-Ländern und eine Finanztransaktionssteuer. Der zunehmend diskutierten Einführung gemeinsamer Eurobonds erteilten sie aber eine klare Absage.
Deutschland und Frankreich sprachen sich bei dem Sondergipfel im Elysée-Palast für eine „echte Wirtschaftsregierung“ in der Euro-Zone aus. Nach Angaben von Sarkozy sollen sich die Euro-Länder zudem noch vor Ablauf des Sommers 2012 auf eine Schuldenobergrenze einigen, die dann in allen nationalen Verfassungen festgeschrieben werden soll.
Die Wirtschaftsregierung soll sich laut Sarkozy zusammensetzen aus dem Rat der Staats- und Regierungschefs der 17 Euro-Länder. Sie solle zweimal im Jahr tagen - notfalls auch öfter. Geführt werden solle sie von einem Präsidenten für zweieinhalb Jahre, zuerst von EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy. Die Schuldenobergrenze solle helfen, die Staatsverschuldung zurückzudrängen.
Deutschland und Frankreich schlagen zudem den europäischen Partnern eine Finanztransaktionssteuer vor. Dazu sollen die Finanzminister noch in diesem Herbst Pläne vorlegen. „Das ist eine absolute Priorität für uns“, sagte Sarkozy.
Zudem wollen beide Länder 2013 - nur für Unternehmen in Deutschland und Frankreich - eine gemeinsame Körperschaftsteuer einführen. Hier geht es um eine Harmonisierung der Berechnungsgrundlage sowie der Steuersätze. Bei der Aufstellung der nationalen Haushalte wollen sich Berlin und Paris künftig in gemeinsamen Kabinettssitzungen abstimmen.
FDP-Chef und Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler wertete die Beschlüsse von Paris als wichtiges Signal an die verunsicherten Märkte, Unternehmen und Menschen. Der Grünen-Vorsitzende Cem Özdemir sprach zwar von einem Schritt in die richtige Richtung, zugleich aber von viel altem Wein in neuen Schläuchen. Vieles bleibe unklar.
Merkel sprach von großen Aufgaben. „Aber nur mit der Inangriffnahme großer Aufgaben werden wir das schaffen.“ Sarkozy nannte die Vorschläge „sehr ehrgeizig“. „Die Vorschläge drücken die absolute Entschlossenheit von Deutschland und Frankreich aus, im Gleichschritt voranzuschreiten.“ Er bekräftigte, dass beide Länder „absolut entschlossen“ seien, gemeinsam den Euro zu verteidigen und die besondere Verantwortung wahrzunehmen.
Mit Blick auf Gerüchte und Spekulationen an den Märkten sagte Sarkozy: „Unsere Entschlossenheit, diese Phänomene zu bekämpfen, ist ungebrochen, unerschöpflich und umfassend.“ Die gesamte Euro-Zone solle wieder auf den Wachstumspfad zurückgebracht werden. Nach dem Konjunktureinbruch in beiden Ländern zeigten sich Merkel und Sarkozy zuversichtlich, dass dies nur eine vorübergehende Schwäche sei.
Nach den Worten der Kanzlerin ist es Ziel, den Euro als „unsere gemeinsame Währung zu stärken“. „Damit das gelingen kann, muss es eine stärkere Verzahnung der Finanz- und Wirtschaftspolitiken in der Eurozone geben.“ Deutschland und Frankreich stünden in der Verantwortung, dies an „vorderster Stelle“ zu zeigen.
Zur Debatte über Eurobonds sagte Merkel, sie glaube nicht, dass solche gemeinsamen Staatsanleihen bei der Bewältigung der gegenwärtigen Euro-Schuldenkrise hilfreich seien. Viele würden die Eurobonds als letztes Mittel zur Euro-Rettung bezeichnen. Sie glaube weder, dass Europa auf letzte Mittel angewiesen sei, noch auf Paukenschläge.
Sarkozy lehnte gemeinsame europäische Staatsanleihen zum gegenwärtigen Zeitpunkt ebenfalls ab. „Vielleicht kann man sich in Zukunft irgendwann am Ende eines Prozesses der europäischen Integration solche Bonds vorstellen“, sagte er. „Aber nicht zu Beginn.“
Die oppositionellen französischen Sozialisten sprachen in einer der Nachrichtenagentur AFP vorliegenden Erklärung von einem „weiteren Gipfel der Ohnmacht“. Merkel und Sarkozy hätten nur vage Ankündigungen gemacht. Wörtlich heißt es der Erklärung: „Am beunruhigendsten ist es, dass der französische Präsident nun darauf beschränkt ist, Frankreich auf die Linie der deutschen Konservativen zu bringen, die jede echte europäische Solidarität verweigern.“