MH17-Abschuss: Kiew bekräftigt Schuldvorwürfe gegen Moskau
Amsterdam/Kiew/Moskau (dpa) - Trauer in den Niederlanden - gegenseitige Vorwürfe zwischen Moskau und Kiew: Genau ein Jahr nach dem Abschuss der malaysischen Passagiermaschine MH17 im Kriegsgebiet Donbass hat die Ukraine ihre Schuldvorwürfe gegen Russland bekräftigt.
„Die Hochtechnologiewaffe, mit der das Flugzeug abgeschossen wurde, konnte nur aus Russland in die Hände der Terroristen gelangen“, sagte der ukrainische Präsident Petro Poroschenko in einem am Freitag veröffentlichten Video. Dagegen zitierte die russische Agentur Interfax die niederländische Staatsanwaltschaft mit den Worten, dass die Hintergründe des Abschusses vom 17. Juli 2014 noch nicht geklärt seien.
In den Niederlanden - von dort stammten die meisten der 298 bei dem Absturz getöteten Flugzeuginsassen - stand der Jahrestag ganz im Zeichen der Trauer. Mehr als 1500 Angehörige aus mehreren Ländern und Mitglieder der niederländischen Regierung kamen zu einer Gedenkfeier zusammen. Ministerpräsident Mark Rutte sprach den Angehörigen seine Anteilnahme aus. „Es war ein Jahr der privaten Trauer gemeinsam mit Familie und engsten Freunden, während draußen ein lauter Mediensturm wütete voll von Nachrichten, Bilder und Berichte.“
Überall in den Niederlanden hingen die Flaggen auf öffentlichen Gebäuden auf halbmast, am Amsterdamer Flughafen Schiphol und an anderen Orten wurden Blumen und Kränze niedergelegt. Auch in Australien, Malaysia und an der Absturzstelle in der Ostukraine wurde der Toten gedacht.
Es sei bislang nicht klar, ob die Boeing 777 mit einer Boden-Luft- oder mit einer Luft-Luft-Rakete abgeschossen worden sei, sagte Wim de Bruin, Sprecher des leitenden niederländischen Staatsanwalts. Die Ermittlungen werden in den Niederlanden geführt, weil die meisten Opfer Staatsbürger des EU-Landes waren. Die Staatsanwaltschaft hatte jedoch zuvor erklärt, dass der Abschuss der Boeing durch das bodengestützte Luftabwehrsystem Buk das „wahrscheinlichste Szenario“ sei.
Das australische Medienhaus News Corp Australia veröffentlichte zum Jahrestag ein Video, das prorussische Separatisten kurz nach dem Absturz an der Unglücksstelle zeigt. Darin äußern sich diese erstaunt darüber, dass es sich um ein ziviles Flugzeug handelt und dass Passagiermaschinen durch den Luftraum eines Kriegsgebietes fliegen. Die Separatisten hatten in den Tagen vor dem 17. Juli 2014 mehrere ukrainische Militärmaschinen abgeschossen.
Russland wiederum hatte die Ukraine für die Tragödie verantwortlich gemacht. Dass ein Buk-System für den Abschuss infrage kommt, dafür gibt es auch nach Darstellung des russischen Waffenherstellers einige Indizien. Allerdings behauptet Moskau, dass das ukrainische Militär die Rakete abgefeuert habe.
Die oberste russische Ermittlungsbehörde geht zudem Hinweisen eines aus den ukrainischen Streitkräften geflüchteten Soldaten nach. Der Mann hatte ausgesagt, dass ein ukrainischer Pilot die Maschine von einem Kampfjet aus beschossen habe.
Der ukrainische Präsident Poroschenko verlangte die Bestrafung der Schuldigen. Nur auf „direkten Befehl“ der höchsten politischen und militärischen Führung Russlands sei der Abschuss möglich gewesen, sagte er. Die Aufständischen in der Ostukraine sowie Russland hatten die Verantwortung für die Tragödie mehrfach zurückgewiesen.
Die Niederlande sowie andere betroffene westliche Staaten fordern die Einrichtung eines UN-Tribunals zur Verfolgung der Täter. Die Bundesregierung unterstützt einen entsprechenden Antrag beim UN-Sicherheitsrat. „Alle Möglichkeiten, diesen durchaus erschütternden, traurigen Sachverhalt aufzuklären, werden von der Bundesregierung begrüßt“, sagte eine Regierungssprecherin. Auch die EU unterstützt die Bemühungen, einen bindenden und glaubwürdigen Mechanismus zur Strafverfolgung zu schaffen. Die UN-Vetomacht Russland lehnt das ab, solange die Ermittlungen nicht abgeschlossen sind.