Militärparade: Hochemotionale Waffenschau in Kiew

Mit einer Militärparade feiert die Ukraine den 23. Jahrestag der Trennung von Moskau. Separatisten provozieren.

Foto: dpa

Kiew. Dröhnend und martialisch rollt Kriegsgerät durch das geschmückte Kiew, während sich die ukrainische Armee im Osten Gefechte mit Separatisten liefert. „Ruhm der Ukraine“, rufen Zehntausende auf der Prachtstraße Kreschtschatik an diesem sonnigen Tag. Mit einer Militärparade feiert die krisengeschüttelte Ex-Sowjetrepublik den 23. Jahrestag ihrer Unabhängigkeit von Moskau. Die Kampfansage an die prorussischen Aufständischen ist unübersehbar.

Es ist ein hochemotionales Gedenken: Am Unabhängigkeitsplatz (Maidan) legt Präsident Petro Poroschenko am Sonntag einen Kranz für 100 Opfer nieder, die hier im Winter bei proeuropäischen Protesten ihr Leben ließen. Der Staatschef dankt ausdrücklich den Partnern im Westen — besonders Bundeskanzlerin Angela Merkel dürfte gemeint sein, die am Samstag demonstrativ Kiew besucht hatte.

Militärparade in Kiew und "Parade" der Gefangenen in Donezk
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Militärparade in Kiew und "Parade" der Gefangenen in Donezk

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Die Millionenmetropole Kiew scheint an diesem Unabhängigkeitstag fast in einem Meer aus blau-gelben Staatsflaggen zu ertrinken. Erstmals nach fünf Jahren sieht die Hauptstadt wieder eine solche Waffenschau. Rund 1500 Soldaten und Nationalgardisten sowie Zivilschützer sollen die Stärke des Staates zeigen. Doch sechs Monate nach den Protesten auf dem Maidan, dessen Bilder um die Welt gingen, wird der Krieg um die Separatistenhochburgen Lugansk und Donezk immer blutiger.

Ihre Machtlosigkeit im Krisengebiet muss die ukrainische Führung auch am Sonntag spüren. Aufständische führen in einer zynischen „Parade“ Dutzende gefangene Regierungssoldaten durch Donezk. Die gefesselten Männer werden mit Bajonetten bedroht und mit Eiern beworfen. Die Regierung in Kiew protestiert scharf und droht mit Vergeltung. Ihre Ohnmacht musste sie auch Tage zuvor anerkennen, als Russland Lastwagen mit Lebensmitteln eigenmächtig über die Grenze fahren ließ.

Panzer, Flugzeuge und Hubschrauber werden diesmal nicht in Kiew gezeigt. Nach schweren Verlusten braucht die Armee jede Technik im Kampf gegen die Separatisten. Stattdessen tanzen schnauzbärtige Kosaken in Pumphosen vor jungen Frauen in bestickten Blusen mit Blumen im Haar. Kiews Bürgermeister und Ex-Boxchampion Vitali Klitschko schüttelt viele Hände. „Ukraine erhebe dich, einig und unteilbar“, steht auf Plakaten. „Wüsste man es nicht besser, würde man kaum glauben, dass das hier ein Land im Krieg ist“, sagt Zuschauer Juri.

Doch Poroschenko, der sich Dienstag, in Minsk zu Krisengesprächen mit Kremlchef Wladimir Putin trifft, rechnet nicht mit einer baldigen Wende. Er gibt bei der Parade bekannt, die Armee bis 2017 für rund 2,2 Milliarden Euro drastisch aufzurüsten. In der Ukraine trifft die Waffenschau nicht auf ungeteilte Zustimmung. Dutzende protestieren vor der Generalprobe, auf den Plakaten steht „Paraden erst nach dem Sieg“ und „Wir brauchen lebende Soldaten“. Nach offiziell mehr als 2000 Toten sind viele im zweitgrößten Land Europas kriegsmüde.