Milizen rücken in Sirte ein

Tripolis/Kairo (dpa) - Nach blutigen Gefechten sind die libyschen Milizen in das Zentrum von Muammar al-Gaddafis Geburtsstadt Sirte vorgestoßen. Die Küstenstadt 410 Kilometer östlich von Tripolis ist eine der letzten Hochburgen von Gaddafis Getreuen.

Bevor die Truppen des Übergangsrates am Freitag in die Stadt einrückten, hatten sie die Verteidigungslinien der Pro-Gaddafi-Streitkräfte unter schweres Artilleriefeuer genommen. Der frühere Diktator selbst ist seit seiner Vertreibung aus Tripolis vor anderthalb Monaten untergetaucht.

Ein BBC-Reporter, der die Kämpfer begleitete, berichtete am Nachmittag, er sei nur noch einen Kilometer vom Stadtzentrum entfernt. Von dort sei noch Gefechtslärm zu hören, sagte er. Die Milizen rückten sowohl von Westen als auch von Osten vor. Ihre Kämpfer würden sich von Haus zu Haus vorarbeiten, um Widerstandsnester der Getreuen des untergetauchten Ex-Diktators zu beseitigen. Anders als bei früheren Militäroperationen gingen die vormaligen Rebellen geordnet und diszipliniert vor.

Beide Seiten mussten schwere Verluste hinnehmen. Der BBC-Reporter berichtete von einem steten Strom von Ambulanzwagen, die die verletzten Milizionäre in die Feldlazarette brachten. Nach Angaben des arabischen Nachrichtensenders Al-Arabija kamen 22 Milizionäre des Übergangsrates ums Leben, 146 weitere wurden verletzt.

Sirte und Bani Walid - 150 Kilometer südlich von Tripolis - sind die letzten Bastionen von bewaffneten Gaddafi-Anhängern. Die Milizen des Übergangsrats versuchen schon seit Wochen, sie einzunehmen. Die Gaddafi-Getreuen, die sich in Sirte verschanzt haben, sollen von Gaddafis Sohn Mutassim angeführt werden. In Bani Walid steht angeblich Saif al-Islam, der politisch ehrgeizigste Spross des Ex-Diktators, an der Spitze der Regime-Loyalisten.

Am Donnerstagabend meldete sich Gaddafi erneut mit einer Audio-Botschaft zu Wort, die der syrische Fernsehsender Al-Rai ausstrahlte. Darin rief er die Libyer dazu auf, „in Millionenzahl und mit Mut auf die Straße zu gehen“, um gegen die „unerträgliche Situation“ unter dem „illegitimen“ Übergangsrat zu protestieren. In früheren Botschaften hatte Gaddafi zum bewaffneten Kampf gegen den Übergangsrat aufgerufen.