Murdoch-Affäre greift auch auf Polizeiführung über

London (dpa) - Die Murdoch-Affäre um abgehörte Telefone in Großbritannien greift mehr und mehr auf Politik und Polizei über. Vor der mit Spannung erwarteten öffentlichen Befragung Rupert Murdochs an diesem Dienstag geriet der ranghöchste britische Polizist wegen Korruptionsvorwürfen unter Druck.

Premierminister David Cameron musste sich verteidigen, weil er sich in nur 15 Monaten Amtszeit 26 Mal offiziell mit Murdoch oder dessen Top-Managern traf.

Der Chef der Metropolitan Police in London, Sir Paul Stephenson, habe sich Teile eines Kuraufenthaltes im Wert von 12 000 Pfund (13 700 Euro) von einem Spa-Betreiber bezahlen lassen, berichtete das Murdoch-Blatt „Sunday Times“ am Sonntag unter Berufung auf ein Statement der Polizei. PR-Chef des Spa-Betreibers war ausgerechnet Neil Wallis, ehemals stellvertretender Chefredakteur des Skandalblattes „News of the World“ und auch als PR-Berater für Stephenson aktiv. Wallis war am vergangenen Donnerstag festgenommen worden.

Bereits in den vergangenen Tagen war ans Licht gekommen, dass Polizeibeamte Geld genommen und dafür Informationen an Journalisten weitergegeben haben. Ranghohe Redakteure der inzwischen eingestellten Skandalzeitung „News of the World“ sollen verwickelt sein, darunter der ehemalige Chefredakteur Andy Coulson.

Premierminister David Cameron geriet unter Beschuss als an die Öffentlichkeit kam, dass er sich in nur 15 Monaten Amtszeit 26 Mal offiziell mit Medienmogul Rupert Murdoch, dessen Sohn James oder anderen Top-Managern der Murdoch-Zeitungsholding News International, wie etwa Rebekah Brooks getroffen hatte. Erst im März hatte es noch ein offizielles Treffen mit Andy Coulson gegeben, der als Camerons Regierungssprecher im Abhörskandal im Januar zurückgetreten war.

Oppositionschef Ed Miliband forderte in einem Interview mit dem „Observer“ am Sonntag, die Gesetze zur Medienkonzentration müssten verschärft werden. Murdochs Marktmacht sei „gefährlich“, sagte der Labour-Politiker. „Er hat zu viel Macht über das öffentliche Leben in Großbritannien.“ News International kontrollierte bisher 37 Prozent des britischen Zeitungsmarktes. Murdoch gehören zusätzlich 39 Prozent am Fernseh- und Telekommunikationskonzern BSkyB.

Der schottische Ministerpräsident Alex Salmond rief am Wochenende einen Report aus dem Jahr 2006 in Erinnerung. In dem Bericht im Zuge der sogenannten „Operation Motorman“ waren bereits mehr als 3000 Verstöße „verschiedenster Zeitungen“ gegen Datenschutzgesetze aufgelistet worden. Er stellte die Frage, „warum trotz nachdrücklicher Empfehlung in dem Bericht nicht gehandelt wurde“.

Rupert Murdoch bat in den Wochenendausgaben aller landesweit erscheinender Zeitungen in Großbritannien öffentlich um Entschuldigung. „We are Sorry“ lautet die Überschrift der ganzseitigen Inserate. Der Text trägt die Signatur des 80 Jahre alten Medienzars. „Das Geschäft der News of the World war es, andere zur Verantwortung zu ziehen. Sie versagte, als es um sie selbst ging. Das ernsthafte Fehlverhalten, das passierte, tut uns leid“, heißt es in dem Text. Und Murdoch fügt darin hinzu: „Es ist mir klar, dass es nicht genug ist, sich einfach zu entschuldigen.“ Viele Kommentatoren werteten den Schritt als „richtig, aber zu spät.“

Tags zuvor waren die ersten beiden Top-Manager des Murdoch-Imperiums der Affäre zum Opfer gefallen. Die Chefin der britischen Verlagsholding News International, Rebekah Brooks, nahm am Freitag ihren Hut. Kurz darauf erklärte auch Les Hinton seinen Rücktritt. Er war der Vorgänger von Brooks bei News International und leitete inzwischen die US-Firma Dow Jones, wo mit dem „Wall Street Journal“ eines der Flaggschiffe der Murdoch-Presse erscheint.