Nato-Angriffe auf Kommandozentralen in Libyen
Tripolis/Kairo (dpa) - Die Nato hat in der Nacht schwere Luftangriffe gegen Kommandozentralen des Machthabers Muammar al-Gaddafi in Tripolis geflogen.
Unter anderen seien ein Kommandostützpunkt des Militärgeheimdienstes und ein von Gaddafi benutztes Militärlager getroffen worden, berichteten Oppositionsmedien und arabische Fernsehsender. Das nordatlantische Bündnis in Brüssel sprach lediglich vage von „drei Kontroll- und Kommandoeinrichtungen“.
Bewohner in der libyschen Hauptstadt hörten laute Explosionen. Nach Ansicht von Beobachtern zählten die Bomabardements zu den schwersten Angriffen seit Beginn der internationalen Luftschläge gegen das Gaddafi-Militär vor sieben Wochen.
Indes mehren sich die Indizien dafür, dass der Kreis der Unterstützer Gaddafis schrumpft. Ein Augenzeuge berichtete am Dienstag aus Tripolis, in der Hauptstadt sei an einigen Schulen die Fahne der Aufständischen gehisst worden. In den vergangenen Tagen habe es zudem mehrfach nächtliche Razzien und Verfolgungsjagden gegeben. Die Opposition berichtete von kleineren Demonstrationen in den Stadtteilen Souk al-Dschumaa und Tadschura.
In Abu Dhabi hatten sich am Montag 80 Mitglieder von Kommunalräten aus Bezirken im Westen und Süden von Libyen getroffen. Zum Abschluss ihres Treffens in der Hauptstadt der Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) bekundeten sie am Abend ihre Unterstützung für den Nationalen Übergangsrat. Der Rat war in den ersten Wochen des Aufstandes gegen Gaddafi von den Aufständischen in der östlichen Stadt Bengasi gebildet worden. Das Treffen der Kommunalräte stand unter dem Motto „Für ein freies Libyen“.
UN-Nothilfekoordinatorin Valerie Amos rief zu einer Waffenpause auf, damit Hilfsgüter verteilt werden könnten. Ungeachtet der Forderungen der internationalen Gemeinschaft würden Zivilisten weiter angegriffen. Die Konfliktparteien sollten Zivilisten verschonen, verlangte Amos am Montag (Ortszeit) im UN-Sicherheitsrat in New York. Insbesondere in der von Gaddafi-Truppen belagerten Stadt Misurata, 210 Kilometer östlich von Tripolis, würde es an Trinkwasser, Lebensmitteln und anderen Bedarfsgütern fehlen, sagte sie.
Die Europäische Union (EU) sieht aber dennoch keinen Anlass für einen Einsatz von Militär zur Absicherung von humanitärer Hilfe in Libyen. „Es gibt keine Anforderung des UN-Büros für humanitäre Hilfe (Ocha)“, sagte eine Sprecherin der EU-Kommission am Dienstag in Brüssel. Die EU hatte Anfang April mit Planungen für einen Militäreinsatz zum Schutz von Hilfsgütern und Helfern begonnen. Die Umsetzung macht sie jedoch von einer offiziellen Anfrage des UN-Büros abhängig.
„Der Einsatz des EU-Militärs ist dann legitim, wenn es keinen humanitären Zugang mehr zu den Menschen in Libyen gibt“, sagte die Sprecherin. „Im Moment ist dieser Zugang zwar sehr schwierig, aber wir sind noch nicht dort, wo der Einsatz nötig ist.“