Nelson Mandela: Ein Idol für die ganze Welt
Nelson Mandela wollte kein Heiliger sein. Doch nicht nur für die Südafrikaner wurde er zum Symbol für Menschlichkeit.
Kapstadt. Nelson Mandela war bis zu seinem Tod am Donnerstagabend in der ganzen Welt das Symbol für Humanität und Versöhnung, ein Idol der Freiheit.
Der erste schwarze Präsident Südafrikas (1994-1999) wird in seiner Heimat als Vater der Nation und Ikone der Demokratie verehrt. Sein Lebenswerk inspirierte aber auch weltweit die Streiter für Menschenrechte und Frieden.
Als Nelson Mandela am 11. Februar 1990 nach 27 Jahren Gefangenschaft das Victor-Verster-Gefängnis nahe Kapstadt verließ, war das Ende der südafrikanischen Apartheid besiegelt. Es war ein Triumph der Willensstärke, des Idealismus und der Vision eines der ungewöhnlichsten Männer des 20. Jahrhunderts.
Der Führer der damaligen Freiheitsbewegung und heutigen Regierungspartei ANC erwies sich als Bollwerk gegen Chaos, Blutbäder und Racheakte. Mandelas Landsleute wissen, welche Katastrophe er in den 1990er Jahren in Südafrika, ja vielleicht ganz Afrika verhindert hat. Eine historische Leistung, die ihn in die Reihe der Giganten der modernen Geschichte wie Mahatma Gandhi, Winston Churchill oder John F. Kennedy stellt.
Dem Mann vom Stamme der Xhosa war es gelungen, eine zutiefst zerrissene Gesellschaft nach Jahren des Hasses und Blutvergießens auf einen Weg der Versöhnung und zum Miteinander in einer demokratischen Gesellschaft zu bringen. Dafür wurde er 1993 mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet.
Mandela wurde mit seinem Bemühen, Täter und Opfer, Unterdrücker und Ausgebeutete zu Verständigung, Vergebung und Wiedergutmachung zu drängen, weltweit zum Symbol für Menschlichkeit.
„Madiba“, wie Mandelas Clan-Name ist, war kein Mann der Rache, auch wenn er kein Pazifist war. Mandela war ein zutiefst von Prinzipien durchdrungener Mann, der durchaus als „Held“, aber nicht als „Heiliger“ gesehen werden wollte — weil er auch keiner war.
Der Jurist, der als junger Mann ein guter Boxer war, widerlegte vor allem die „Afro-Pessimisten“, die glauben, dass aus jedem afrikanischen Befreier, einmal an die Macht gekommen, ein ziemlich lausiger Herrscher, oft aber ein gieriger und brutaler Diktator wird.
In einer 2010 erschienenen Biografie schreibt sein Vertrauter Richard Stengel, Mandela sei „vielleicht der letzte echte Held“ in der Welt — vor allem aber beschreibt er ihn als großen Kommunikator und besonnenen Politiker, der stets an das Gute im Menschen geglaubt habe.
Diese zutiefst menschenfreundliche Haltung und sein Lebenswerk hatten die Vereinten Nationen veranlasst, den 18. Juli, Mandelas Geburtstag, zum internationalen „Mandela Day“ auszurufen.
Obwohl Mandela seine letzten Jahre völlig zurückgezogen verlebte und kaum noch Besuch empfing, versuchten viele, von seinem Ruhm zu profitieren. Im April sandte das Staatsfernsehen Bilder des greisen Mandela, auf denen er hilflos und abwesend wirkte. Um ihn herum lachten Südafrikas Präsident Jacob Zuma und andere ANC-Größen.
Die Versuche von Mandelas Töchtern Makaziwe und Zenani, noch vor dem Tod ihres Vaters Zugriff auf das Erbe zu ergattern, wird er kaum mitbekommen haben. Schließlich plagten ihn immer mehr Krankheiten und Beschwerden, insbesondere im Zusammenhang mit dem Lungenleiden, das er sich in der langen Gefangenschaft zugezogen hatte.
Aber selbst als gebrechlicher Greis hatte er bis zu seinem Lebensende eine überragende politische Bedeutung. Mit Bangen dachten viele Südafrikaner an den zu erwartenden Tod des Nationalhelden. Denn auch ohne öffentliche Auftritte war der Ex-Freiheitskämpfer ein wichtiger Stabilitätsfaktor in dem noch immer zwischen Schwarz und Weiß sozial gespaltenen Land.
Mandela war stets das Gewissen der Nation — die lebendige Mahnung, auch die erbittertsten Konflikte friedlich im Rahmen einer rechtsstaatlichen Ordnung zu lösen.