Kerry: Seit Jahren nicht mehr so nahe vor Nahost-Frieden
Tel Aviv (dpa) - US-Außenminister John Kerry kämpft unermüdlich für einen Friedensschluss zwischen Israel und den Palästinensern. Sein Optimismus erscheint unerschütterlich. Vor Ort macht sich aber eher Pessimismus breit.
„Ich glaube, wir waren Frieden und Wohlstand, den alle Menschen dieser Region herbeisehnen, seit Jahren nicht mehr so nahe wie heute“, sagte Kerry nach Angaben der Zeitung „Times of Israel“. Dass nichts über den Stand der Verhandlungen an die Öffentlichkeit gelange bedeute nicht, dass es keine Fortschritte gebe, betonte Kerry. Worauf sich sein Optimismus stütze, sagte der US-Außenminister nicht.
Was bisher über Verlauf und Klima der Gespräche zwischen Israelis und Palästinensern an die Öffentlichkeit dringt, löste in israelischen und palästinensischen Medien eher pessimistische Töne aus. Ohne Fortschritte, von unüberbrückbaren Gegensätzen geplagt, inhaltsleer und von gegenseitigen Vorwürfen gekennzeichnet, lautete der Tenor der meisten Berichte. „Die Furcht des Scheiterns sei der eigentliche Ansporn bei Kerrys Friedensmission“, schrieb die Zeitung „Haaretz“.
Einer der bisherigen palästinensischen Unterhändler, Mohammed Schtajeh warf Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu sogar vor, er wolle die Zweistaatenlösung in Wirklichkeit gar nicht. Schtaje hatte sein Amt aus Protest gegen den israelischen Siedlungsbau niedergelegt.
In Netanjahus siedlerfreundlichen und rechtsgerichteten Regierung gibt es starke Kräfte, die offen gegen die Zweistaatenlösung anarbeiten. Wie Wirtschaftsminister Naftali Bennett fordern sie statt dessen die Annektierung großer Teile des Westjordanlandes. Kerry hatte Israelis und Palästinenser in monatelangen Vermittlungen und unter erheblichem Druck zu den Ende Juli aufgenommenen und auf neun Monate angelegten Verhandlungen gedrängt.
Bei seinem letzten Besuch vor einem Monat hatte Kerry noch den israelischen Siedlungsbau kritisiert. Dieses Mal ging der US-Außenminister ausdrücklich auf Israels Sicherheitsbedenken ein. Israels Sicherheit habe sowohl bei den Gesprächen mit dem Iran über einen Vertrag zur Beilegung des Atomstreits wie auch bei den Friedensgesprächen mit den Palästinensern höchste Priorität, betonte Kerry nach einem von insgesamt drei Gesprächen binnen 24 Stunden mit Netanjahu.
US-Präsident Barack Obama habe den früheren Afghanistan-General John Allen beauftragt, mögliche Bedrohungen aufzuzeigen und Vorschläge auszuarbeiten. Es dürfte dabei unter anderem um die Forderung Israels gehen, die Ostgrenze eines künftigen Palästinenserstaates am Jordanfluss auch in Zukunft mit eigenen Truppen zu kontrollieren. Damit würden alle Grenzen des Palästinenserstaates unter der Kontrolle Israels bleiben. Für die Palästinenser ist dies eine kaum zu akzeptierende Forderung.