Neue Visa-Affäre im Auswärtigen Amt: Diplomat verhaftet
Berlin (dpa) - Das Auswärtige Amt hat eine neue Visa-Affäre: Wegen des Verdachts, gefälschte Einreise-Visa an Menschen aus Afghanistan verkauft zu haben, sitzt ein deutscher Diplomat in Berlin in Untersuchungshaft.
Der 40-Jährige war Leiter der Visa-Abteilung im Golf-Staat Dubai. Ein Sprecher des Auswärtigen Amtes (AA) bestätigte am Freitag in Berlin, dass der Mann bereits am 21. Mai festgenommen wurde.
Darüber hinaus wird bereits seit längerer Zeit gegen Mitarbeiter von deutschen Auslandsvertretungen wegen der Vergabe von gefälschten Visa in einer Reihe von anderen Staaten ermittelt. Wegen einer Visa-Affäre stand der Grünen-Politiker Joschka Fischer in seiner Zeit als Außenminister stark unter Druck. Damals ging es um die Ukraine.
Nach einem Bericht des Nachrichtenmagazins „Der Spiegel“ soll der Leiter der Visa-Abteilung in Dubai über vier Jahre hinweg afghanischen Bürgern Einreise-Genehmigungen ausgestellt haben, die auf gefälschten Unterlagen einer Firma mit Sitz in dem Emirat beruhten. Der Flughafen Dubai ist für Afghanen, die weiter nach Europa wollen, ein wichtiger Zwischenstopp.
Pro Visum soll der Diplomat nach dpa-Informationen bis zu 3000 Dollar in bar eingestrichen haben. Festgenommen wurde der Mann, als er auf Heimaturlaub in Berlin war. Die Hinweise kamen nach Angaben des AA-Sprechers direkt aus dem Auswärtigen Amt, das nach dem ersten Verdacht Bundespolizei und Staatsanwaltschaft eingeschaltet habe. Dem Mann droht nun neben der Verurteilung auch die Entlassung aus dem diplomatischen Dienst.
Als mutmaßlicher Auftraggeber wurde Ende Mai ein afghanischer Geschäftsmann in Hamburg festgenommen. Zu Einzelheiten wollten AA und Ermittlungsbehörden nicht Stellung nehmen. Ein Ministeriumssprecher betonte jedoch: „Nach unseren bisherigen Informationen handelt es sich um einen Einzelfall, der in keinerlei Zusammenhang mit anderen Fällen steht.“
Die Berliner Staatsanwaltschaft bestätigte, dass wegen der Erteilung von gefälschten Visa inzwischen in insgesamt 20 Fällen ermittelt wird. Die Vorwürfe lauten auf Bestechung, Bestechlichkeit und Schleusungsdelikten. Unregelmäßigkeiten soll es in mindestens zwölf deutschen Vertretungen im Ausland gegeben haben, zum Beispiel auch in Afghanistan direkt sowie in den Vereinigten Arabischen Emiraten, Ägypten und Kasachstan.
Der Verdacht richtet sich nach Angaben eines Justizsprechers gegen mehrere Dutzend Verdächtige. Dabei handele es sich zumeist um sogenannte „Ortskräfte“ - also Einheimische, die an den jeweiligen deutschen Auslandsvertretungen angestellt waren. In Afghanistans Hauptstadt Kabul sollen nach „Spiegel“-Informationen mehrere hundert Euro in bar pro Visum gezahlt worden sein.