Große Koalition wankt Neuwahlen in Österreich? Vizekanzler Mitterlehner wirft hin
Wien (dpa) - Österreichs Vizekanzler und Parteichef der konservativen ÖVP Reinhold Mitterlehner hat den Rückzug von all seinen Ämtern angekündigt. „Ich finde, es ist genug“, sagte der 61-Jährige in Wien.
Sein Schritt sei Selbstschutz für ihn und seine Familie. „So macht das keinen Spaß und keinen Sinn mehr.“ In der derzeitigen Konstellation sei eine konstruktive Regierungsarbeit nicht mehr möglich. Er wolle außerdem kein Platzhalter sein.
Mitterlehner war innerhalb seiner Partei zuletzt stark unter Druck geraten. Interne Illoyalitäten und Provokationen haben seine Position geschwächt. Als Nachfolger Mitterlehners wird seit langem Außen- und Integrationsminister Sebastian Kurz gehandelt. Der 30-Jährige gilt als Nachwuchshoffnung der Konservativen. Er ist laut Umfragen der beliebteste Politiker des Landes. Kurz erklärte aber am Dienstag, dass er die Partei zum derzeitigen Zeitpunkt nicht übernehmen wolle.
Die ÖVP ist als Juniorpartner gemeinsam mit den Sozialdemokraten unter Bundeskanzler Christian Kern in einer Koalition. Innerhalb der Regierung gab es zuletzt große Zerwürfnisse. Die Politiker warfen sich gegenseitige Blockade vor.
Unklar ist, ob der Abgang Mitterlehners nun zu einer Neuwahl vor dem regulären Termin im Herbst 2018 führt. „Formal besteht keine Notwendigkeit für Neuwahlen. Politisch sind sie wahrscheinlich“, sagte der Politologe Peter Filzmaier.
Mitterlehner übernahm im Sommer 2014 die ÖVP. Die schlechter werdenden Umfragewerte in der Bevölkerung konnte er nicht stoppen. Am Wochenende soll die ÖVP nach seinen Aussagen die Nachfolge regeln. Demnach legt er kommenden Montag offiziell seine Funktion als Vizekanzler und Wirtschafts- und Wissenschaftsminister nieder. In den letzten zehn Jahren gab es vier ÖVP-Vorsitzende.