Raketenprogramm Nordkorea schießt Rakete über Japan hinweg
Tokio. Der Konflikt mit Nordkorea über das Raketenprogramm des Landes hat eine neue Eskalationsstufe erreicht: Eine nordkoreanische Rakete überflog am Dienstag Japan und stürzte östlich der Insel Hokkaido in den Pazifik.
Japans Regierungschef Shinzo Abe sprach von einer „beispiellosen und ernsthaften“ Bedrohung. Der UN-Sicherheitsrat kommt am Dienstag zu einer Dringlichkeitssitzung zusammen. Abe kündigte an, gemeinsam mit US-Präsident Donald Trump den Druck auf die international weitgehend isolierte Führung in Pjöngjang weiter zu erhöhen. Darauf habe er sich nach einem 40-minütigen Telefonat mit Trump verständigt. Der US-Präsident habe ihm versichert, „zu hundert Prozent“ an der Seite Japans zu stehen.
Der Überflug der Rakete sei ein „ungeheuerlicher Akt“, der Frieden und Sicherheit in der Region großen Schaden zufüge, sagte Abe. Japan werde „alle Schritte“ unternehmen, um seine Bevölkerung zu schützen. Diplomaten zufolge soll der UN-Sicherheitsrat am Dienstagnachmittag in New York auf Antrag Japans und der USA zu einer Dringlichkeitssitzung zusammenkommen.
Der Regierung in Tokio zufolge stürzte die Rakete rund 1180 Kilometer östlich der zweitgrößten japanischen Insel Hokkaido ins Meer. Das südkoreanische Militär teilte mit, die Rakete sei von Sunan nahe der Hauptstadt Pjöngjang aus abgefeuert worden. Das Geschoss habe eine Strecke von 2700 Kilometern zurückgelegt und eine maximale Höhe von rund 550 Kilometern erreicht.
Japan hatte in der Vergangenheit angekündigt, nordkoreanische Raketen abzuschießen, die eine Bedrohung japanischen Territoriums darstellten. Bei dem rund zweiminütigen Überflug der Rakete am Dienstag sei die Armee jedoch zu der Einschätzung gekommen, dass keine Gefahr für japanisches Gebiet bestehe, sagte Verteidigungsminister Itsunori Onodera. Ungeachtet dessen wurden im Norden Japans am frühen Morgen zahlreiche Einwohner von der Regierung über Textnachrichten aufgefordert, Schutz zu suchen. Zugpassagiere wurden angewiesen, sich in Bahnhöfen in Sicherheit zu bringen.
Zuletzt hatte eine nordkoreanische Rakete im Jahr 2009 Japan überquert. Pjöngjang zufolge handelte es sich damals um einen Satellitenstart. Die USA, Japan und Nordkorea vermuteten hingegen einen Test einer Interkontinentalrakete.
Der Konflikt über Nordkoreas Raketenprogramm hatte sich deutlich zugespitzt, nachdem Pjöngjang im Juli zwei Interkontinentalraketen testete, die womöglich auch Ziele auf dem US-Festland erreichen könnten. Der UN-Sicherheitsrat beschloss daraufhin schärfere Sanktionen gegen das Land.
Nordkorea drohte zudem Anfang August damit, Raketen in Richtung der Pazifikinsel Guam abzufeuern, auf der die USA mehrere Militärstützpunkte unterhalten. Zuvor hatte US-Präsident Donald Trump Pjöngjang mit „Feuer und Wut“ indirekt einen Atomwaffeneinsatz angedroht.
Die Pazifikinsel Guam liegt rund 3500 Kilometer von Nordkorea entfernt. Eine Richtung Guam abgefeuerte Rakete müsste ebenfalls Japan überqueren. Die am Dienstag von Nordkorea gestartete Rakete schlug jedoch nicht die Richtung der Pazifikinsel ein. jm/AFP