NS-Kriegsverbrecher Erich Priebke gestorben
Rom (dpa) - Der verurteilte Kriegsverbrecher Erich Priebke ist tot. Wie sein Anwalt Paolo Giachini am Freitag mitteilte, starb Priebke im Alter von 100 Jahren in Rom. Der NS-Täter war im März 1944 an Erschießungen von 335 Zivilisten in der Nähe von Rom beteiligt.
Die Hinrichtungen waren eines der schwersten Nazi-Massaker während des Zweiten Weltkriegs in Italien. Unter den Opfern waren 75 Juden. Priebke hat seine Tat nie bereut. Nach Giachinis Worten hinterließ Priebke als „menschliches und politisches Testament“ unter anderem ein Video.
Die Bluttat bei den Ardeatinischen Höhlen, einem Steinbruchgelände in der Nähe von Rom, war 1944 eine von Berlin angeordnete Vergeltungsmaßnahme für ein Partisanenattentat. Bei diesem waren 33 Südtiroler Hilfspolizisten der Deutschen zuvor mittels einer ferngezündeten Bombe getötet worden waren. Die SS-Führung im besetzten Rom ordnete daraufhin an, dass je zehn Italiener für einen getöteten Südtiroler hingerichtet werden sollten. Den Deutschen überstellt wurden dann 335 Zivilisten. Für seine Beteiligung an dem Massaker wurde Priebke erst 1998 zu lebenslanger Haft verurteilt. Diese wurde wegen seines hohen Alters in einen zeitweise gelockerten Hausarrest umgewandelt. Der römische SS-Polizeichef Herbert Kappler hatte nach dem Krieg zunächst die Todesstrafe erhalten, die später in lebenslange Haft umgewandelt wurde.
Priebke, ein gelernter Hotelfachmann und später auch Dolmetscher der Gestapo für Italienisch, hatte sich trotz seiner Verurteilung immer uneinsichtig und ohne Gewissensbisse gezeigt. Wie auch seine Anwälte und der mitangeklagte SS-Offizier Karl Hass berief er sich in seinen Prozessen auf einen Befehlsnotstand. Noch vor zehn Jahren gab es an seinem 90. Geburtstag in Rom eine Feier. Als der derzeitige Bürgermeister Ignazio Marino sich gegen eine solche Feier zum 100. Geburtstag aussprach, kam es zu Auseinandersetzungen mit Neonazis.
Nach englischer Kriegsgefangenschaft in Italien hatte Priebke, möglicherweise mit Helfern in Kirchenkreisen, fliehen und später mit einem falschen Pass von Genua nach Argentinien entkommen können. Im Jahr 1995 wurde er von dort nach Italien überstellt und im Jahr darauf zunächst freigesprochen. Die lebenslange Haft erhielt er erst im Jahr 1998 von einem Militär-Berufungsgericht. Im Zusammenhang mit dem Fall Priebke tauchte in Italien ein „Schrank der Schande“ auf: Ein Militärstaatsanwalt entdeckte 1994 in einem Schrank vergessene Akten mit mehr als 2000 Fällen von NS-Kriegsverbrechen.
Das Wiesenthal-Zentrum in Israel forderte verstärkte Ermittlungen gegen noch lebende Nazi-Kriegsverbrecher. „Das hohe Alter, das Priebke erreichte, erinnert uns daran, wie wichtig es ist, die noch lebenden Täter jetzt wirklich zu verfolgen. Viele der Nazi-Verbrecher erfreuen sich selbst in hohem Alter noch einer robusten Gesundheit. Sie können und müssen deshalb vor Gericht gestellt werden“, sagte Efraim Zuroff, Direktor der israelischen Abteilung des Zentrums, der Nachrichtenagentur dpa am Freitag.
Riccardo Pacifici von der Jüdischen Gemeinde in Rom sagte im Rai-Fernsehen, er habe sich schwer getan, Priebke ein „menschliches Wesen“ zu nennen, weil dieser die Nazi-Ideologie bis ins hohe Alter hochgehalten habe. „Wir können weder lachen noch weinen, denn nichts gibt 335 unschuldigen Menschen das Leben zurück“, sagte Pacifici.