Sacharow-Preis: Malala — das mutigste Mädchen der Welt
Die 16-Jährige engagiert sich für Bildung. Doch wieviel steuert davon ihr Vater?
London. Globale Inspiration, Ikone — für Millionen Mädchen in Pakistan verkörpert Malala Yousafzai Hoffnung. Doch ihre Geschichte ist auch die einer Tochter, die vom Vater früh zur telegenen Heldin, zum Lautsprecher seiner Anti-Taliban-Kampagne erzogen wird. Bis Fundamentalisten dem Mädchen nach der Schule auflauern und ihr aus Rache ins Gesicht schießen. Freitag nun könnte Malala den Friedensnobelpreis bekommen. Doch hat sie die Auszeichnung überhaupt verdient?
Das Zeug zum Star hat Malala: Sie ist schlagfertig, spricht fließend Englisch und engagiert sich für Ziele, die im Westen populär sind — den von Taliban 2007 verteufelten Schulbesuch für Mädchen etwa. Ungeachtet der Risiken befördert auch die BBC sie schon mit elf Jahren zur Bloggerin in Pakistan.
Unter Anleitung ihres Vaters Ziauddin tritt Malala sogar öffentlich auf, spricht und schreibt gegen den Fundamentalismus — eine Gratwanderung in einem gefährlichen Umfeld. Immer wieder gibt es Morddrohungen gegen sie und ihren Vater. Wie viel von Malalas Engagement ist eigene Tapferkeit, wie viel der Ehrgeiz eines Vaters, der den Ruhm seiner Tochter geschickt steuert? Fakt ist, dass Malala nie ohne Ziauddin an ihrer Seite auftritt, wenn sie für die Alphabetisierung von Mädchen in Pakistan kämpft.
Dabei ist fraglich, wie sehr ihre eigene Familie diese noblen Ziele selber lebt: Malalas Mutter kann noch immer nicht lesen oder schreiben. Öffentlich äußert sie sich grundsätzlich nicht, da, wie Ziauddin Yousafzai in einem Fernseh-Interview erklärt, „Ehefrauen im Haus und nur die Männer nach außen wirken“.
In ihrer Heimat ist Malalas Ruhm allerdings höchst umstritten: Viele werfen der Familie vor, ihre Tochter um jeden Preis und aus Egoismus zum Star machen zu wollen, statt sie zu schützen. Dass der Vater, der mit ihr nach England ausgewandert ist, nun einen Job als Bildungsattaché im pakistanischen Konsulat von Birmingham bekommen soll, sehen viele als Bestätigung ihrer Vorwürfe.
Malala hat inzwischen ihren Berufswunsch, Ärztin werden zu wollen, aufgegeben. Sie will Politikerin werden, ganz nach Gusto des Vaters.