Obama droht Afghanistan in Wahlkrise mit Ende der US-Hilfe
Washington/Kabul (dpa) - In der Wahlkrise in Afghanistan hat US-Präsident Barack Obama den Kontrahenten Abdullah Abdullah und Aschraf Ghani mit einem Ende amerikanischer Unterstützung gedroht.
Obama habe mit beiden Kandidaten für das Präsidentenamt in Afghanistan telefoniert und sie dazu aufgerufen, gemeinsam eine Lösung für die von Wahlbetrugsvorwürfen ausgelöste Krise zu finden, teilte das Weiße Haus in Washington am Dienstagabend (Ortszeit) mit. Gewalt oder verfassungswidrige Schritte „würden zu einem Ende der US-Hilfe für Afghanistan führen“.
Ex-Außenminister Abdullah hatte die erste Runde der Wahl gewonnen, die absolute Mehrheit aber verfehlt. Bei der Stichwahl liegt Abdullah nun nach dem vorläufigen Ergebnis deutlich hinter Ghani. Abdullah führt das auf Wahlbetrug zurück. Er hatte das vorläufige Ergebnis am Dienstag zurückgewiesen, den Sieg für sich reklamiert und gedroht, eine eigene Regierung auszurufen.
Abdullah kündigte an, US-Außenminister John Kerry werde am Freitag in Kabul erwartet, um bei der Lösung der Wahlkrise zu helfen. Kerry hatte zuvor vor einer „Parallelregierung“ in Afghanistan gewarnt.
Vor dem Hintergrund der Wahlkrise dauert die Gewalt in Afghanistan an. Taliban-Selbstmordkommandos griffen am Mittwoch in der südafghanischen Stadt Kandahar den Sitz des Provinzgouverneurs und das Polizei-Hauptquartier an. Alle 23 Selbstmordattentäter seien entweder erschossen worden oder hätten sich in die Luft gesprengt, sagte der Sprecher der Provinzregierung, Dawa Khan Minapal. Nach Krankenhausangaben wurden bei den Angriffen und Gefechten vier Angehörige der Sicherheitskräfte und zwei Zivilisten getötet.
Die Zahl der im Afghanistan-Konflikt getöteten Kinder ist im ersten Halbjahr 2014 verglichen mit dem Vorjahreszeitraum um mehr als ein Viertel gestiegen. In den ersten sechs Monaten dieses Jahres habe der Konflikt 295 Kinder das Leben gekostet, teilte die Mission der Vereinten Nationen in Afghanistan (Unama) am Mittwoch in Kabul mit. Das sind 64 oder 27,8 Prozent mehr als im ersten Halbjahr 2013.
Die Zahl der verletzten Kinder stieg den Unama-Angaben zufolge noch drastischer von 529 auf 776, ein Plus von 46,7 Prozent. Insgesamt registrierte Unama vom 1. Januar bis 30. Juni 1546 getötete Zivilisten, 17,2 Prozent mehr als in den ersten sechs Monaten 2013.