Obama verlangt von der Nation gemeinsamen Kraftakt
Washington (dpa) - Obama will die USA wieder in die erste Liga führen. Er fordert Investitionen in Forschung, saubere Energien, Bildung und Infrastruktur - und nennt das in Anspielung auf ein historisches Wettrennen den „Sputnik-Moment unserer Generation“.
US-Präsident Barack Obama hat Amerika eindringlich vor einem Abrutschen in die Zweitklassigkeit gewarnt. In seiner Rede zur Lage der Nation im Kongress beschwor er seine Landsleute am Dienstagabend (Ortszeit): „Wir müssen Amerika zum besten Ort auf der Erde machen, um Geschäfte zu betreiben.“ Die USA müssten weltweit wettbewerbsfähiger werden, nur so könne es mehr Jobs geben. Zugleich will der Präsident sparen, um den gigantischen Schuldenberg abzubauen. Die Republikaner forderte er auf, sich zusammen mit ihm den Herausforderungen zu stellen. „Wir können uns gemeinsam vorwärtsbewegen oder überhaupt nicht“, redete er ihnen ins Gewissen.
Obama rief zu neuen Investitionen in Forschung, Informationstechnologie, Bildung und Infrastruktur auf, um die globale Wettbewerbsfähigkeit der weltgrößten Wirtschaftsmacht zu sichern. Unternehmen müssten Anreize erhalten, um technologische Durchbrüche zu erreichen. „Das ist der Sputnik-Moment unserer Generation“, sagte Obama mit Blick auf den gleichnamigen Satelliten, den die damalige Sowjetunion 1957 erfolgreich ins All geschossen hatte. Moskau gewann den ersten Wettlauf ums All. Die geschlagene Supermacht USA konnte nach einer Kraftanstrengung kontern und zwölf Jahre später die ersten Männer auf den Mond schicken.
Wiederholt betonte Obama sein Ziel, „die Zukunft (für Amerika) zu gewinnen“. Er beklagte, dass die USA in Bildungsbereichen und bei größeren Infrastrukturprojekten wie Hochgeschwindigkeitszügen und Internetzugang hinter andere Länder zurückgefallen seien. Stärkere Konkurrenz von aufstrebenden Wirtschaftsnationen wie China und Indien zwängen zu einem „schmerzlichen“ Umbau der US-Wirtschaft. „Wir können nicht einfach stillstehen“, sagte Obama.
So warb er auch für mehr Forschung und mehr Anreize zur Förderung erneuerbarer, sauberer Energien. 80 Prozent der Elektrizität in Amerika müssten bis 2035 aus sauberen Energiequellen kommen.
Obama gab den Lagebericht drei Monate nach der Schlappe seiner Demokraten bei der Kongresswahl ab, bei der die Republikaner die Mehrheit im Abgeordnetenhaus erobert hatten. Die Außenpolitik spielte nur eine Nebenrolle, den stagnierenden Nahost-Friedensprozess erwähnte der Präsident überhaupt nicht. Viele Kommentatoren werteten die Rede als Einstieg Obamas in den Präsidentenwahlkampf, überwiegend gab es gute Noten für den „Cheerleader der Nation“, wie es in mehreren Kommentaren hieß.
An die Adresse der Republikaner sagte der demokratische Präsident, an einer Zusammenarbeit führe kein Weg vorbei. Mit ihren Stimmen bei der Kongresswahl hätten die Wähler das Regieren zu einer gemeinsamen Verantwortung gemacht. „Auf dem Spiel steht jetzt nicht, wer die nächste Wahl gewinnt“, beschwor Obama die Opposition. „Auf dem Spiel steht, ob es neue Jobs geht und neue Industrien in unserem Land Fuß fassen.“ Es gehe darum, die Führungsrolle zu bewahren, die Amerika zu einem „Licht der Welt“ gemacht habe.
In der insgesamt versöhnlichen Rede schlug Obama - offensichtlich wegen des Sparzwanges angesichts der gigantischen Staatsverschuldung - nur wenige konkrete Maßnahmen vor. Das Defizit von rund 14 Billionen Dollar will er durch ein fünfjähriges Einfrieren der Ausgaben im Inland verringern, „feste“ Sozialleistungen wie Renten und Gesundheitsfürsorge für ältere Menschen und Bedürftige sollen ausgenommen werden. Aber auch beim Militär will Obama sparen.
Die Republikaner verlangten drastischere Sparmaßnahmen, aber bescheinigten Obama „gute Ansätze“. Dennoch werden bei den kommenden Haushaltsberatungen harte Auseinandersetzungen erwartet.
Die USA dürften nicht „unter einem Berg von Schulden begraben sein“, mahnte der Präsident. „Das lässt sich nicht aufrechterhalten.“ Obama setzte sich außerdem für eine Vereinfachung des Steuersystems mit weniger Erleichterungen für die Reichen und - als Geste an die Wirtschaft - für die erste Senkung der Unternehmenssteuern seit 25 Jahren ein.
Im außenpolitischen Bereich hob Obama die Fortschritte in Afghanistan hervor. Weniger Afghanen seien heute unter der Kontrolle von Aufständischen. Es stünden aber noch harte Kämpfe bevor, und die afghanische Führung müsse ihre Regierungsfähigkeit verbessern. Obama bekräftigte, dass die USA im Juli mit ihrem Truppenabzug beginnen würden. Er kündigte auch einen weiteren entschlossenen Kampf gegen die Terrororganisation Al Kaida an: „Wir werden nicht nachlassen, wir werden nicht wanken, und wir werden euch besiegen.“