Opposition will Klarheit über Hellas-Hilfen - Merkel bedeckt
Berlin (dpa) - In der Debatte über ein drittes Milliarden-Paket für Griechenland fordert die Opposition Klarheit noch vor der Bundestagswahl.
SPD und Grüne riefen Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) auf, alle Zahlen und Details offenzulegen. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) ließ am Mittwoch das Volumen eines möglichen dritten Hilfspakets nach 2014 offen: „Welche Summen gegebenenfalls notwendig sind, kann ich heute nicht sagen. Das können wir erst Mitte des nächsten Jahres sagen.“
Nach der Aussage Schäubles am Dienstag, es werde in Griechenland noch einmal ein Programm geben müssen, versuchte die Regierung, die Wogen zu glätten. Regierungssprecher Steffen Seibert und Schäubles Sprecher Martin Kotthaus betonten, es gebe keinen neuen Sachstand.
„Da gibt es nichts Neues“, sagte Seibert. Mitte 2014 müsse geschaut werden, wo Athen stehe. Dann stehe auch die Frage über weitere Finanzhilfen nach 2015 an, sagte Kotthaus. Ein zweiter Schuldenschnitt für Griechenland werde aber ausgeschlossen.
Im SAT.1-Sommerinterview sagte Merkel, Athen habe sehr gute Fortschritte gemacht. Zu möglichen weiteren Hilfen sagte sie: „Ich kann keine Summe nennen, bestätigen. Ich weiß sie nicht. Man kann sie nicht wissen.“
Merkel warnte vor den Folgen eines weiteren Schuldenschnitts: „Das würde eine Verunsicherung in der Eurozone herbeiführen, die uns vielleicht wieder an den Anfang bringt. Und das werde ich mit aller Macht verhindern.“
Bei einer Wahlkampfveranstaltung warf die CDU-Chefin der Opposition in diesem Zusammenhang Scheinheiligkeit vor. „Ich bin schon etwas erstaunt. Jeder Abgeordnete hat alle Materialien. Und das, was Schäuble gestern gesagt hat über Griechenland, das hat jeder gewusst“, sagte Merkel am Mittwoch in Schwäbisch Gmünd.
Das zweite Hilfsprogramm läuft bis Ende 2014. „Das Programm befindet sich im Fahrplan“, sagte Seibert. Es gebe jetzt keinen Anlass, über Änderungen nachzudenken. Kotthaus bekräftigte, neue Hilfen seien nie ausgeschlossen gewesen. Die Troika aus EU-Kommission, Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds (IWF) werde im Oktober eine Bewertung vornehmen.
Auch eine Sprecherin der EU-Kommission verwies in Brüssel darauf, die Eurogruppe habe am 8. Juli die Reformen in Athen begrüßt. Die nächste Etappe sei ein neuer Besuch der Troika im Herbst: „Auf dieser Basis können wir dann die Lage beurteilen.“
Nach Darstellung von EZB-Direktoriumsmitglied Jörg Asmussen sind neue Hilfen für Griechenland derzeit kein Thema. Eine Diskussion über ein neues Hilfspaket oder einen Schuldenschnitt habe es in seinem Gespräch mit Finanzminister Ioannis Stournaras nicht gegeben, sagte Asmussen, der anschließend Regierungschef Antonis Samaras treffen wollte. Die weitere Entwicklung werde beobachtet.
SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück forderte Merkel auf, den deutschen Bürgern reinen Wein einzuschenken - „und zwar vor der Wahl“. Es gebe viele Hinweise, dass sich die Lage in Griechenland keineswegs verbessert habe, wie es manchmal auch von der Kanzlerin zu hören sei. „Frau Merkel hat erkennbar die Strategie verfolgt, bis zur Bundestagswahl am 22.9. möglichst das ganze Thema Europa schön zu verstecken - rauszuhalten aus dem Wahlkampf.“
SPD-Haushaltsexperte Carsten Schneider forderte: „Ich erwarte, dass sich Herr Schäuble vor dem Haushaltsausschuss erklärt und umfassend alle Zahlen auf den Tisch legt.“ Die Grünen beantragten, dass Schäuble den Haushaltsausschuss Anfang September über das dritte Paket unterrichtet. Linken-Fraktionsvize Sahra Wagenknecht forderte: „Der Bundestag muss die Chaos-Tage beenden und in der Sondersitzung im September über Griechenland debattieren.“
Die CSU im Bundestag sieht vorerst keinen Anlass für weitere Zusagen. „Wir haben derzeit keinen Entscheidungsbedarf“, sagte Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt. FDP-Generalsekretär Patrick Döring sagte der „Bild“-Zeitung (Donnerstag): „Jegliche Mutmaßungen sind Gift für die Reformbemühungen Griechenlands.“