Oraniermärsche in Nordirland enden in Straßenschlachten
London/Belfast (dpa) - Nach knapp einem halben Jahr Ruhe eskaliert die Gewalt im Nordirland-Konflikt wieder. Vor allem protestantische Krawallmacher lieferten sich im Norden der nordirischen Hauptstadt Belfast bereits die dritte Nacht in Folge Straßenschlachten mit der Polizei.
Dabei wurden nach Angaben der Polizei insgesamt 44 Beamte verletzt. Rund 50 Menschen wurden festgenommen. Auslöser der Krawalle war das Verbot eines der traditionellen Märsche von Mitgliedern des protestantischen Oranier-Ordens durch das Gebiet verfeindeter Katholiken.
Mit der traditionellen Parade am 12. Juli erinnert der Orden an den Sieg von Wilhelm von Oranien über den katholischen König Jakob II. in der Schlacht von Boyne 1690. Nachdem die Märsche in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder zu Ausschreitungen zwischen den in Nordirland verfeindeten Anhängern beider Konfessionen geführt hatten, muss nun eine Marsch-Kommission die Routenführung genehmigen.
Im Belfaster Fall wurde der als Provokation empfundene Marsch durch katholisches Gebiet abgelehnt. Der Oranierorden schiebt nun die Schuld auf die Marsch-Kommission. „Die Organisation der Oranier soll zum Prügelknaben gemacht werden, von denen, bei denen die Verantwortung für diese Krise in Wahrheit liegt - vor der Tür der Marschkommission“, heißt es in einem Statement des Ordens.
Anhänger der Oranier warfen mindestens 50 Molotow-Cocktails auf Polizisten. Die Polizei reagierte mit Wasserwerfern und Gummigeschossen. Ein Polizeisprecher bezeichnete das Verhalten der Demonstranten am Montag als „animalisch“. Die Polizei zieht in den nächsten Tagen Kräfte aus England, Schottland und Wales in Nordirland zusammen, um den Unruhen zu begegnen. „Das werden wir aufrechterhalten, solange es notwendig ist“, sagte der Polizeisprecher.
Die Lage war zuletzt im Januar eskaliert, nachdem der Rat beschlossen hatte, auf dem Belfaster Rathaus die britische Flagge nur noch an Feiertagen wehen zu lassen. Daraufhin hatten sich protestantische Demonstranten wochenlang Kämpfe mit der Polizei geliefert. Die protestantische, pro-britische Arbeiterschaft - einst in Nordirland gegenüber den katholischen Iren klar bevorzugt - fühlt sich seit dem Friedensschluss von 1998 benachteiligt. Nordirland wird seither von einer Doppelspitze aus Protestanten und Katholiken regiert.