Putin stellt Athen Millionen durch Gas-Deal in Aussicht
Moskau (dpa) - Russland will dem krisengeplagten Griechenland mit Millionen-Investitionen und eventuell Hunderten Millionen für einen künftigen Gastransit unter die Arme greifen. Kremlchef Wladimir Putin bot zudem dem griechischen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras eine Wiederbelebung der Handelsbeziehungen an.
Beide Länder sollten das frühere Wachstumstempo wiederherstellen, appellierte er bei einem Treffen in Moskau. Putin stellte Athen Kredite für Infrastrukturprojekte in Aussicht. Zwar habe Athen keine Hilfe beantragt, doch seien Kredite für konkrete Vorhaben möglich. Beide unterzeichneten einen gemeinsamen Aktionsplan für 2015/2016.
Putin warb eindringlich für die geplante russische Pipeline Turkish Stream durch das Schwarze Meer in die Türkei. Griechenland könne zum „geopolitischen Akteur“ und zum wichtigsten Gastransitland in der EU werden, falls sich das Land dem Projekt anschließe. Putin stellte Hunderte Millionen Euro an Einnahmen aus dem Gastransit in Aussicht. Das Projekt könnte nach Schätzungen frühestens 2018 fertig sein.
„Das Ziel meines Besuches ist ein Neustart in unseren Beziehungen“, sagte Tsipras. Die Kritik von EU-Politikern an seiner Reise wies er mit Nachdruck zurück. „Manche sollten aufhören, jede unserer Bewegungen in einer Art zu kommentieren, als wäre Griechenland eine Schuldenkolonie“, sagte Tsipras. Die Krise des Landes sei „ein europäisches Problem, das eine europäische Lösung braucht“.
EU-Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD) bescheinigte Tsipras, er sei bei seinem Treffen mit Putin nicht von der gemeinsamen EU-Linie gegenüber Moskau abgewichen. „Bei allem Frohsinn zwischen Herrn Putin und Herrn Tsipras: Die Linie, die wir von ihm erwarten, hat er nicht verlassen“, sagte Schulz im Interview mit dem ZDF-„heute-journal“. Das beruhige ihn. Tsipras müsse schließlich zwei Öffentlichkeiten bedienen: die in seinem eigenen Land, und die in der EU.
Tsipras betonte in Moskau, Griechenland werde auch weiter versuchen, seine Probleme innerhalb Europas zu lösen. „Aber als souveräner Staat hat es das Recht, Abkommen mit Staaten außerhalb Europas zu schließen. Das trägt zur Stabilität bei - und ich glaube, das verstehen andere Staaten“, meinte der griechische Regierungschef.
EU-Politiker hatten Tsipras intensiv davor gewarnt, die EU-Linie gegenüber Russland zu verlassen. Dies betrifft vor allem Sanktionen gegen Russland wegen des Ukrainekonflikts. Tsipras hatte die Strafmaßnahmen als „nicht wirksam“ kritisiert. Putin forderte ein Ende des „Sanktionskrieges“. Er unterstrich, Moskau wolle keinen Keil in die EU treiben. Russland wolle kein Mitglied der EU ausnutzen.
Als Reaktion auf die EU-Sanktionen hatte Russland einen Importstopp für Lebensmittel aus der EU verhängt, der für die Griechen besonders schmerzhaft ist. Regierungschef Dmitri Medwedew wolle an diesem Donnerstag mit Tsipras über eine Lockerung des Embargos sprechen, sagte Wirtschaftsminister Alexej Uljukajew. Griechenland steckt in einer tiefen Schuldenkrise und hatte an Russland appelliert, wieder Lebensmittel wie Pfirsiche und Erdbeeren auf dem Markt zuzulassen.
Putin zufolge brach der Handel zwischen Russland und Griechenland im vergangenen Jahr wegen der Sanktionen um 40 Prozent ein im Vergleich zu 2013. Russland sei bereit, mit ganz Europa zusammenzuarbeiten.
Eine völlige Aufhebung des russischen Embargos gegenüber Griechenland lehnte der Präsident ab. „Wir können nicht für ein EU-Land eine Ausnahme machen.“ Putin sprach sich aber für Gemeinschaftsunternehmen aus. „Wenn wir diesen Weg gehen, werden wir unseren Agrarproduzenten nicht schaden, denn sie werden in den Prozess einbezogen“, meinte er.
An diesem Donnerstag steht für Griechenland die Rückzahlung eines Kredits von rund 450 Millionen Euro an den Internationalen Währungsfonds (IWF) an. Das Land besorgte sich aber kurzfristig frisches Geld am Kapitalmarkt. Wie die staatliche Schuldenagentur PDMA mitteilte, konnten 1,138 Milliarden Euro für 26 Wochen in Form kurzlaufender Staatspapiere aufgenommen werden. Das ist zwar etwas weniger, als das Land in der kommenden Woche benötigt, um Schulden zurückzuzahlen. Experten von der Commerzbank rechnen aber damit, dass das restliche Geld an diesem Donnerstag in die Staatskasse fließt.