Putin wirft Türkei Ölhandel mit IS vor

Istanbul (dpa) - Der russische Präsident Wladimir Putin hat der Türkei Zusammenarbeit mit der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) vorgeworfen und damit empörte Reaktionen aus Ankara ausgelöst.

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Mit dem Abschuss des russischen Kampfjets vor einer Woche habe die Türkei den Ölhandel mit dem IS in Syrien sichern wollen, sagte Putin nach Angaben der französischen Nachrichtenagentur AFP am Rande der Klimakonferenz in Paris. Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan wies dies vehement zurück: Sollte Russland dafür Beweise vorlegen können, würde er von seinem Amt zurücktreten, konterte er nach Angaben der staatsnahen Nachrichtenagentur Anadolu.

Zugleich legte Erdogan Putin dessen Rücktritt nahe, sollte Russland für die Anschuldigungen keine Belege vorbringen können. „Ich frage den sehr geehrten Putin: „Würdest Du in diesem Amt bleiben?““ Auch der türkische Ministerpräsident Ahmet Davutoglu kritisierte die „grundlosen Anschuldigungen“ gegen sein Land. Durch die Haltung Moskaus habe sich aus dem Syrien-Konflikt „jetzt leider eine Krise zwischen der Türkei und Russland entwickelt“, sagte er laut Anadolu.

US-Präsident Barack Obama forderte den Nato-Partner Türkei und Russland zum gemeinsamen Kampf gegen den IS auf. Nach einem Gespräch mit Erdogan in Paris sagte Obama am Dienstag: „Wir haben alle einen gemeinsamen Feind. Das ist der IS. Und ich will sicher sein, dass wir uns auf diese Bedrohung konzentrieren.“ Moskau und Ankara sollten daran arbeiten, ihre Spannungen abzubauen.

Putin sagte: „Wir haben jeden Grund zu glauben, dass die Entscheidung zum Abschuss unseres Flugzeugs von dem Willen bestimmt war, die Öl-Lieferrouten zum türkischen Territorium zu sichern.“ Öl aus IS-Gebieten komme „auf industrielle Weise“ Richtung Türkei. Erdogan entgegnete, die Türkei beziehe Öl und Gas lediglich aus legalen Quellen, beispielsweise aus Russland.

Die türkische Luftwaffe hatte den russischen Su-24-Bomber am Dienstag vergangener Woche im Grenzgebiet zu Syrien mit der Begründung abgeschossen, er habe türkisches Staatsgebiet überflogen. Moskau bestreitet das. Seither sind die Beziehungen zwischen den Ländern höchst angespannt. Als Vergeltungsmaßnahme erließ Putin am Wochenende Wirtschaftssanktionen gegen die Türkei.

Moskau veröffentlichte die Sanktionsliste am Dienstag. Demnach verbietet Russland von Januar an unter anderem die Einfuhr zahlreicher Agrarprodukte aus der Türkei. Ab dann gilt für Türken außerdem eine Visapflicht. Der visafreie Reiseverkehr zwischen beiden Ländern war im April 2011 in Kraft getreten und vor allem von Touristen genutzt worden. Zuletzt reisten jährlich etwa vier Millionen Russen in die Türkei, die größte Gruppe nach den Deutschen. Nun stellt Russland auch alle Charterflüge mit der Türkei ein.

Die USA bekräftigten türkische Angaben, wonach die russische Maschine vor ihrem Abschuss türkischen Luftraum verletzt hatte. „Wir wissen auch, dass die Türken den russischen Piloten mehrfach vor dieser Verletzung gewarnt, aber keine Antwort bekommen haben“, sagte die Sprecherin des US-Außenministeriums, Elizabeth Trudeau. „Wir unterstützen das Recht der Türkei, ihren Luftraum zu schützen.“

Putin und Obama berieten am Rande der UN-Klimakonferenz über den Syrien-Konflikt. Beide Präsidenten sprachen sich für den „schnellstmöglichen Beginn einer politischen Regelung“ in Syrien aus, sagte Putins Sprecher Dmitri Peskow. Obama habe auch sein Bedauern über den Abschuss des Bombers geäußert. Nach Worten des US-Präsidenten hat Putin zur Kenntnis genommen, dass es keine militärische Lösung der Probleme in Syrien geben werde.

Derweil kommt die Nato den Aufforderungen der Türkei nach einer stärkeren militärischen Unterstützung im Bereich der Luftabwehr nach. „Wir werden an weiteren Maßnahmen arbeiten, um die Sicherheit der Türkei zu gewährleisten“, sagte Generalsekretär Jens Stoltenberg am Dienstag kurz vor Beginn eines Außenministertreffens in Brüssel. Er betonte allerdings, dass die Entscheidung bereits vor der jüngsten Eskalation der Spannungen zwischen der Türkei und Russland getroffen worden sei.