Raketentest im Mittelmeer sorgt für Aufregung
Tel Aviv/Moskau/Genf (dpa) - Während die Welt weiter auf einen möglichen US-Militärschlag gegen Syrien wartet, hat am Dienstag ein überraschender Raketentest Israels für Aufregung gesorgt.
Der am Morgen von einer russischen Radarstation registrierte Raketenstart im östlichen Mittelmeer gab zunächst Rätsel auf. Später deklarierte ihn das israelische Militär als Manöver. US-Präsident Barack Obama sucht derweil weiter Rückhalt für eine Militäraktion als Reaktion auf den mutmaßlichen Giftgaseinsatz in Syrien. Vor dem dortigen Bürgerkrieg sind nach Angaben der Vereinten Nationen bereits zwei Millionen Menschen ins Ausland geflohen.
Der Raketenstart im Mittelmeer wurde einige Stunden nach der Meldung der russischen Radarstation vom israelischen Verteidigungsministerium als Waffentest bestätigt. Eine Ministeriumssprecherin sagte, es sei eine Rakete vom Typ Anchor als Ziel für einen Abschuss abgefeuert worden. Zu einem von Russland georteten zweiten Raketenstart machte sie keine Angaben. Israel habe bei dem Test mit den USA zusammengearbeitet. Vor der Mitteilung des israelischen Militärs hatten sowohl die USA als auch andere Nato-Staaten mitgeteilt, an keinem Raketenstart beteiligt gewesen zu sein.
In Moskau hieß es, der Start sei um 8.16 Uhr MESZ von einer Radarstation in der russischen Stadt Armawir rund 1200 Kilometer südlich von Moskau registriert worden. Verteidigungsminister Sergej Schoigu habe den Präsidenten und Oberbefehlshaber Wladimir Putin über zwei Raketenstarts informiert. Die Objekte seien ins Meer gefallen. Syrien habe keinen Einschlag registriert, berichtete der Fernsehsender Al-Manar der Schiitenbewegung Hisbollah.
Russland warnte für den Fall eines US-Angriffs erneut vor gefährlichen Folgen für die internationalen Beziehungen. „Die Anwendung von Gewalt wird nicht das gewünschte Ergebnis bringen, sondern genau das Gegenteil bewirken“, sagte Sergej Werschinin, der Nahostbeauftragte des Außenministeriums, in Moskau. Russland als Partner des syrischen Regimes warnt, ein Sturz von Präsident Baschar al-Assad von außen würde Terroristen stärken und in der Region einen Flächenbrand auslösen.
Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hat die Hoffnung auf eine geschlossene Reaktion des UN-Sicherheitsrats auf den mutmaßlichen Giftgasangriff des syrischen Regimes noch nicht aufgegeben. „Wir wollen alles unternehmen, was uns in den verbleibenden Tagen möglich ist, um eine gemeinsame Antwort der internationalen Staatengemeinschaft zu finden“, sagte Merkel am Dienstag in der letzten Bundestagsdebatte vor der Bundestagswahl. „Das ist nicht sehr wahrscheinlich. Aber auch die kleinste Chance muss genutzt werden.“
Für entsprechende Verhandlungen werde sie auch das Treffen der Gruppe der stärksten Volkswirtschaften der Welt (G20) am Donnerstag und Freitag im russischen St. Petersburg nutzen. Mit deutlichen Worten kritisierte sie die „insgesamt doch sehr harte Haltung von Russland und China“, die ein gemeinsames Vorgehen des UN-Sicherheitsrats im Syrienkonflikt immer wieder blockiere.
Vor dem Bürgerkrieg in Syrien sind mittlerweile zwei Millionen Menschen ins Ausland geflohen. Von ihnen seien 97 Prozent in den Nachbarstaaten untergekommen, erklärte der UN-Hochkommissar für Flüchtlinge, António Guterres, am Dienstag in Genf. Diese Länder brauchten mehr Hilfe. Jeden Tag kämen 5000 Syrer über die Grenze. Allein im Libanon wurden bis Ende August mehr als 716 000 syrische Flüchtlinge registriert. Zudem gebe es 4,25 Millionen Binnenflüchtlinge.
Aus Angst vor neuen Giftgasangriffen verließen Tausende von Menschen aus Dörfern und Kleinstädten rund um Damaskus ihre Häuser und flohen in Richtung Jordanien. Nach Angaben von Rebellen und Aktivisten kamen am Dienstag etwa 5000 Menschen an der Grenze an. Insgesamt seien damit nun bereits 40 000 Menschen in dem Gebiet angekommen. Wegen der andauernden Luftangriffe der syrischen Armee sei es ihnen bislang nicht gelungen, nach Jordanien zu gelangen.
Bereits die Erwartung eines US-Militärschlags auf syrische Militäreinrichtungen setzt nach Angaben von Regimegegnern die syrischen Truppen unter Druck. Binnen drei Tagen sollen mehr als 100 Soldaten und Offiziere deswegen desertiert sein.