Regierungsbildung in Spanien nach Wahl unklar

Madrid (dpa) - Spanien steht nach der Parlamentswahl vor politisch ungewissen Zeiten. Ministerpräsident Mariano Rajoy will trotz der drastischen Stimmenverluste seiner konservativen Volkspartei (PP) eine neue Regierung bilden.

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Er ließ aber offen, wen er sich als Partner suchen will. Die Sozialisten (PSOE) und die neue liberale Partei Ciudadanos (Bürger) lehnten eine Koalition mit der PP ab.

Der Ciudadanos-Parteichef Albert Rivera kündigte allerdings an, dass seine Fraktion bei einer Abstimmung über eine Kandidatur Rajoys zu einer Stimmenthaltung bereit wäre. Am Tag nach der Wahl zeichnete sich kein Regierungsbündnis ab. Rajoy hatte mit der PP zwar die meisten Sitze im Parlament gewonnen, aber die absolute Mehrheit weit verfehlt. Seine Partei büßte etwa ein Drittel ihrer Sitze ein.

Die PSOE, die von den Wählern ebenfalls abgestraft worden war, erteilte Spekulationen über eine mögliche große Koalition eine Absage. „Die Sozialisten werden gegen Rajoy und gegen die PP stimmen“, sagte der Vizeparteichef César Luena.

Die EU-Kommission äußerte die Hoffnung, dass Spanien eine stabile Regierung erhalten werde. Das Land steht als Defizitsünder unter besonderer Beobachtung der EU-Währungshüter. Die Anleger reagierten verunsichert auf die unklare Lage bei der Regierungsbildung. Die Aktienkurse an der spanischen Börse verzeichneten herbe Verluste. Die „Risikoprämien“ für die Zinsen spanischer Staatsanleihen legten zu.

Die Wahl leitete eine neue Ära in der spanischen Politik ein: Erstmals in der jüngeren Geschichte werden vier Parteien mit starken Fraktionen im Parlament vertreten sein - die neue Linkspartei Podemos und die Ciudadanos ziehen erstmals in den „Congreso“ ein.

Rajoy hatte die PP zum Sieger der Wahl erklärt. „Und wer die Wahl gewonnen hat, muss auch die Regierung bilden“, sagte der Regierungschef. Ein Mitte-Rechts-Bündnis seiner Partei mit den Ciudadanos bliebe unter der absoluten Mehrheit.

Die PSOE erzielte ihr schlechtestes Ergebnis seit der Rückkehr des Landes zur Demokratie nach dem Ende der Franco-Diktatur (1939-1975). PSOE-Chef Pedro Sánchez behauptete für seine Partei allerdings den Spitzenplatz im Lager der Linken vor der aufstrebenden Partei Podemos (Wir können) und will beim nächsten Parteitag für eine Wiederwahl kandidieren.

Nach dem vorläufigen Endergebnis errang die PP 123 der insgesamt 350 Sitze, 63 weniger als vor vier Jahren. Sie erhielt 28,7 Prozent der Stimmen. Die PSOE gewann demnach 90 Mandate (22,0 Prozent), 20 weniger als 2011. Podemos kam demnach auf 69 Sitze (20,7 Prozent). Die Ciudadanos errangen 40 Mandate (13,9 Prozent). Damit blieben sie deutlich hinter den Erwartungen zurück. Die Wahlbeteiligung war mit 73,2 Prozent deutlich höher als 2011 (68,9).