Reisewarnung: Veranstalter schränken Ägypten-Angebote ein
Kairo (dpa) - Zwei Tage nach einer verschärften Reisewarnung des Auswärtigen Amts für die Halbinsel Sinai haben Reiseveranstalter ihre Ägypten-Angebote weiter eingeschränkt. Phoenix Reisen sagte alle langen Nilkreuzfahrten von Kairo nach Assuan bis Ende März ab.
Das erklärte ein Sprecher des Unternehmens. Fahrten zwischen Luxor und Assuan im Oberlauf des Nils sollen aber weiter stattfinden. Air Berlin stoppte nach eigenen Angaben bis 30. April sämtliche Flüge nach Scharm el Scheich im Süden des Sinai. Die ägyptische Armee setzte zugleich eine Großrazzia gegen mutmaßliche Verstecke und Stützpunkte von Dschihadisten im Sinai fort.
Das Auswärtige Amt rät seit Mittwoch wegen Terrorgefahr ausdrücklich von allen Reisen auf die Halbinsel ab. Zuvor hatte das Ministerium nur vor Reisen in das Gebiet an der Grenze zu Israel und in den Norden der Halbinsel gewarnt. Im Norden liegen Verstecke militanter Islamisten, Kampfhandlungen mit der Armee sind häufig. Vor zwei Wochen hatte ein Selbstmordattentäter in dem südlichen Badeort Taba drei Touristen aus Südkorea getötet.
Die Reiseunternehmen begannen damit, deutsche Touristen aus dem Sinai zurückzuholen. Bis zum Freitagabend würden alle Urlauber wieder in Deutschland sein, die eine Rückreise gewünscht hätten, sagte eine Sprecherin von Thomas Cook. Eine Tui-Sondermaschine aus Scharm el Scheich landet nach Angaben des Unternehmens am Samstagmorgen in Köln. Auch das niederländische Außenministerium forderte seine Staatsbürger auf, die Halbinsel zu verlassen.
Bei der Großrazzia der ägyptischen Armee gegen Dschihadisten rückten Soldaten in mehrere Dörfer südlich der Städte Rafah, Scheich Suweid und Al-Arisch vor. Nach Angaben von Augenzeugen zerstörten sie Hütten und Häuser mutmaßlicher Terroristen. Aus Sicherheitskreisen hieß es, mehrere Verdächtige seien verhaftet worden. „Das ist eine Schlacht, das ist Krieg“, sagte ein Augenzeuge.
In der Nildelta-Stadt Al-Mansura erschossen Extremisten einen Polizisten, der das Haus eines hochrangigen Richters bewachte. Die Attentäter feuerten von einem vorbeifahrenden Motorrad auf das 35 Jahre alte Opfer, wie Medien in Kairo berichteten. Der Richter, dessen Haus der Polizist bewachte, sitzt einem der Senate vor, die derzeit verschiedene Anklagen gegen den im Vorjahr gestürzten Ex-Präsidenten Mohammed Mursi verhandeln.
Die Gewalt auf dem Sinai, aber auch in Kairo und in anderen Landesteilen hat seit der Entmachtung des Islamisten Mursi stark zugenommen. Die Regierung macht dafür die in die Illegalität verbannte Muslimbruderschaft verantwortlich, aus deren Reihen Mursi stammt. Beobachter verweisen hingegen auf einen terroristischen Untergrund, der schon seit längerer Zeit aktiv ist und durch Unruhen und Bürgerkriege in Libyen und Syrien mehr Waffen und Zulauf von erfahrenen Kämpfern bekommen hat. Ein organisatorischer Zusammenhang mit der Muslimbruderschaft könne nicht nachgewiesen werden.