Roms Bürgermeister sagt Autofahrern den Kampf an
Ignazio Marino setzt auf das Fahrrad und will eine der größten Verkehrsadern zum archäologischen Fußgänger-Park umbauen.
Rom. Ignazio Marino ist ein eher unscheinbarer Mann mit freundlichem Lächeln. Sein Auftreten ist hingegen eine einzige Provokation. Rom ist eine Autostadt, in der Fahrradfahrer normalerweise nur mit einem spöttischen Lächeln bedacht werden. Roms seit Mitte Juni amtierender Bürgermeister radelt trotzdem demonstrativ in sein Büro auf dem Kapitolshügel.
Der Bürgermeister von der sozialbürgerlichen „Demokratischen Partei“ will Rom eine neue Verkehrs-Kultur verordnen, das ist nicht zu übersehen. Zwei Polizisten auf dem Fahrrad begleiten ihn. Marinos Auftritte sind Programm: Nicht mehr die Autofahrer sollen den Charakter der Stadt bestimmen, sondern Fußgänger und Radfahrer.
So ist auch die erste Maßnahme, die der 58-jährige Chirurg in seiner Amtszeit durchgesetzt hat, nichts weniger als eine Revolution: Die bislang stark befahrene Verkehrsader, die vom Kolosseum zum Forum Romanum führt, ist nun für den privaten Verkehr geschlossen. Seit August dürfen auf diesem Trakt der Via dei Fori Imperiali nur noch Busse, Taxis und wenige autorisierte Fahrzeuge fahren.
„Heute beginnt ein Traum“, sagte Marino bei der Einweihung der neuen verkehrsberuhigten Zone im Herzen der Stadt. Sein erklärtes Ziel ist es, den Verkehr hier ganz lahmzulegen. Das aktuelle Projekt sieht vor, dass statt 2000 Fahrzeugen stündlich nur noch 50 pro Stunde zirkulieren. Es gilt ein Tempolimit von 30 Stundenkilometern.
Doch diese Maßnahmen sollen nur der Anfang einer Umwandlung des Zentrums in eine riesige Fußgängerzone und den größten archäologischen Park der Welt sein. In 25 oder 30 Jahren werde sich dieses Areal komplett neu darstellen, prophezeit Marino. Die einst von Mussolini für Aufmärsche konzipierte Via dei Fori Imperiali, heute eine der befahrendsten Straßen der Stadt, wird verschwinden. „Ich stelle mir vor, dass nur ein kleiner Teil von ihr bleibt, vielleicht für Fahrräder oder Fußgänger“, sagt der Bürgermeister.
Doch es hagelt auch Kritik angesichts der einschneidenden Maßnahmen. Händler beschweren sich über weniger Zulauf der Kunden. Taxifahrer müssen Umwege fahren, den Anwohnern fehlen Parkplätze. Bürgermeister Marino will standhaft bleiben und radelt weiter.