Russland verweigert Auslieferung Snowdens
Moskau (dpa) - Im Streit um eine Auslieferung des früheren US-Geheimdienstmitarbeiters Edward Snowden verschärft sich der Ton zwischen Russland und den USA.
Trotz deutlicher Warnungen aus Washington lehnt es die Regierung in Moskau weiter strikt ab, den 30-Jährigen in sein Heimatland zuzurückschicken. „Eine Auslieferung ist unmöglich“, sagte Michail Fedotow, der Chef des Kreml-Menschenrechtsrates, am Donnerstag der Agentur Interfax.
Im US-Abgeordnetenhaus scheiterte eine Initiative, dem Geheimdienst NSA bei der Überwachung von Telefongesprächen Zügel anzulegen.
Der ehemalige Geheimdienstler Snowden hatte den US-Überwachungs- und Ausspähskandal ins Rollen gebracht. Die USA suchen den Computerexperten wegen Geheimnisverrats. Sie haben seinen Pass für ungültig erklärt. Snowden hat vorläufiges Asyl in Russland beantragt.
Der 30-Jährige hat offenbar von den russischen Behörden noch immer kein Dokument erhalten, mit dem er nach mehr als einem Monat den Transitbereich des Moskauer Flughafens Scheremetjewo verlassen könnte.
US-Außenamtssprecherin Jen Psaki betonte, Washington wäre „tief enttäuscht“, falls Snowden nach Russland einreisen dürfe. Außenminister John Kerry habe in einem Telefongespräch mit seinem russischen Amtskollegen Sergej Lawrow verlangt, dass Snowden in die USA überstellt werden müsse, wo er ein faires Verfahren erhalte. Der Sprecher von Präsident Barack Obama, Jay Carney, verlangte von Moskau „Klarheit über Snowdens Status und über jede Veränderung daran“. US-Botschafter Michael McFaul betonte bei Twitter, die USA hätten nicht die „Auslieferung“, sondern die „Rückkehr“ Snowdens gefordert..
Internationale Konventionen würden verbieten, einen Menschen abzuschieben, der um Asyl gebeten habe, sagte Fedotow. Russland verweist zudem darauf, dass in den USA die Todesstrafe vollzogen werde und es überdies kein bilaterales Auslieferungsabkommen gebe.
Der US-Amerikaner soll sich seit seiner Ankunft aus Hongkong am 23. Juni in der Transitzone von Scheremetjewo aufhalten. Sein russischer Anwalt Anatoli Kutscherena hatte ihn dort am Vortag erneut besucht. Anders als erwartet brachte er seinem Mandanten aber nicht den dringend benötigten Nachweis, dass Snowden in Russland vorläufiges Asyl beantragt hat. Mit diesem Dokument könnte er sich unbegrenzt für mindestens ein Jahr in Russland aufhalten.
Im US-Kongress scheiterte unterdessen am Mittwochabend (Ortszeit) ein ungewöhnliches Bündnis von Republikanern und Demokraten mit dem Ziel, dem Geheimdienst NSA straffere Zügel anzulegen. Die Abgeordneten entschieden mit 217 zu 205 Stimmen, dass die NSA auch künftig Hunderte Millionen Telefongespräche von US-Bürgern uneingeschränkt überwachen und aufzeichnen darf.
Es war das erste Kräftemessen im Kongress seit der Flucht Snowdens. Im Kern drehte sich Debatte darum, inwieweit die Privatsphäre von Bürgern geschützt werden muss und welche Vollmachten die US-Regierung erhält, um die nationale Sicherheit zu schützen. Gegner der NSA-Datensammelwut wollten mit einer Ergänzung des Gesetzes über Verteidigungsausgaben im Jahr 2014 erreichen, dass der Geheimdienst künftig nur noch die Telefongespräche von US-Bürgern überwachen darf, gegen die ermittelt wird. NSA-Aktionen in Deutschland und anderen Ländern wären nicht betroffen gewesen.
Ähnlich wie das Repräsentantenhaus sind auch die US-Bürger beim Thema NSA-Überwachung gespalten. Nach einer Umfrage des Fernsehsenders CBS sehen mehr als zwei Drittel (67 Prozent) der Befragten in den Programmen eine Verletzung ihrer Privatsphäre. Andererseits sind 52 Prozent der Meinung, dass es sich um notwendige Werkzeuge handelt, um Terroristen aufzuspüren.
Zudem ist die knappe Mehrheit der Amerikaner dafür, Snowden wegen seiner Enthüllungen anzuklagen. In einer Umfrage der Zeitung „Washington Post“ und des Fernsehsenders ABC sprachen sich 53 Prozent dafür aus, das waren zehn Prozentpunkte mehr als im Vormonat.