Schicksalswahl in Griechenland
Athen (dpa) - In Griechenland hat die mit Spannung erwartete Parlamentswahl begonnen. Seit 6.00 Uhr (MEZ) sind die Wahllokale geöffnet.
Knapp zehn Millionen Bürger sind an die Urnen gerufen. Die Wahl gilt als richtungsweisend für die künftige Spar- und Sozialpolitik des hoch verschuldeten Landes.
Als Favorit geht das Linksbündnis Syriza unter Alexis Tsipras ins Rennen. Umfragen zufolge lag Syriza zuletzt mit etwa sieben Prozentpunkten vor der konservativen Regierungspartei Nea Dimokratia von Ministerpräsident Antonis Samaras. Vom Ausgang der vorgezogenen Wahl hängt die Fortsetzung des strikten Sparkurses in dem hochverschuldeten Krisenstaat ab. Tsipras will unter anderem Teile der von den Geldgebern diktierten Sparmaßnahmen rückgängig machen.
Syriza könnte den Umfragen zufolge auf 33,5 Prozent der Stimmen kommen. Die Konservativen lagen in der Umfrage bei 26,5 Prozent. Mit diesem Ergebnis wäre Syriza auf einen Koalitionspartner angewiesen. Bei einer am Vortag veröffentlichten Umfrage hatte der Vorsprung des Linksbündnisses vor den Konservativen sechs Prozentpunkte betragen.
Die vorgezogenen Wahlen waren notwendig geworden, weil die Wahl eines Staatspräsidenten Ende des vergangenen Jahres im Parlament gescheitert war. Die Wahllokale sind am Sonntag von 6.00 bis 18.00 Uhr (MEZ) geöffnet. Prognosen werden unmittelbar danach erwartet, erste Hochrechnungen gegen 20.00 Uhr (MEZ).
Tsipras will im Falle eines Wahlsieges einen Schuldenschnitt mit den internationalen Geldgebern aushandeln. Griechenland hat Staatsschulden in Höhe von rund 320 Milliarden Euro, einen großen Teil davon bei öffentlichen Kreditgebern.
Im Falle eines eindeutigen Syriza-Wahlsieges deutet sich eine Konfrontation mit den internationalen Geldgebern an. Falls das Linksbündnis die absolute Mehrheit verfehlt, rechnen Beobachter in Athen jedoch damit, dass die Partei in einer Koalition Kompromisse eingehen müsste.
Der Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Volker Kauder, relativierte Spekulationen über einen möglichen Euro-Austritt Griechenlands. „Ich denke, dass alle führenden griechischen Politiker ihr Land in der Euro-Zone halten wollen“, sagte Kauder der „Stuttgarter Zeitung“ (Samstag).
„Auch wir haben kein Interesse daran, dass Griechenland ausscheidet - schon allein, weil dies neue Diskussionen über die Stabilität der Euro-Zone auslösen würde“, sagte Kauder. Jede neue Regierung in Athen müsse sich aber an bereits getroffene Abmachungen halten, betonte er.
Als drittstärkste Kraft könnte die neue pro-europäische Partei der politischen Mitte To Potami (Der Fluss) aus der Parlamentswahl hervorgehen. Sie lag in den Umfragen zuletzt bei sieben Prozent der Stimmen. Dicht dahinter folgte die rechtsradikale und rassistische Partei Goldene Morgenröte mit sechs Prozent.
Laut Umfragen dürften auch die Kommunisten und die Sozialisten mit 5,5 Prozent beziehungsweise 5 Prozent den Sprung ins Parlament schaffen. In Griechenland gilt eine Drei-Prozent-Hürde. Die stärkste Fraktion profitiert von einer Besonderheit des griechischen Wahlrechts: Ihr werden 50 der 300 Sitze im Parlament zusätzlich zugeschlagen.