Nervenprobe Schiffe deutscher Seenotretter dürfen nach Malta fahren

Rom · Es war eine Nervenprobe: Nun dürfen 49 gerettete Migranten nach Tagen auf See Europas Boden betreten. Doch es dürfte nur eine Frage der Zeit sein, bis die nächste Hängepartie beginnt.

Foto: dpa/Rene Rossignaud

Die beiden blockierten Rettungsschiffe deutscher Hilfsorganisationen dürfen nach einer tagelangen Hängepartie in Malta anlegen. Anschließend würden die sich darauf befindenden 49 Migranten auf Deutschland und sieben weitere EU-Mitgliedsstaaten verteilt, erklärte Maltas Regierungschef Joseph Muscat am Mittwoch. Die Rettungsschiffe müssten die maltesischen Gewässer „sofort“ nach dem Transfer der Migranten verlassen.

Sea-Watch hatte 32 Migranten vor Weihnachten unweit der libyschen Küste gerettet. 17 weitere nahm die Regensburger Organisation Sea-Eye kurz vor dem Jahreswechsel an Bord. Seitdem saßen die Migranten auf den Schiffen fest.

Zur Aufnahme der Menschen haben sich auch Frankreich, Portugal, Irland, Rumänien, Luxemburg, die Niederlande und Italien bereiterklärt, sagte Muscat. Als Gegenleistung für die Öffnung des Hafens in Valletta hatte die maltesische Regierung die Verteilung von weiteren Migranten gefordert, die die dortige Küstenwache Ende Dezember gerettet hatte. Nun würden rund 220 von insgesamt 298 Migranten auf andere EU-Staaten verteilt oder in ihre Heimatländer zurückgeschickt, sagte Muscat.

Zuletzt hatte es dramatische Berichte über die Zustände an Bord der beiden Rettungsschiffe gegeben - und am Mittwochnachmittag sollte sich das Wetter erheblich verschlechtern. Nach Angaben von Sea-Watch hatten einige Migranten zeitweise die Nahrung verweigert. Auf dem anderen Schiff „Professor Albrecht Penck“ waren Trink- und Brauchwasservorräte rationiert worden. Die Menschen schliefen auf der Krankenstation, teilten sich nur eine Toilette. Matratzen und Wechselkleidung gab es nicht. Viele Migranten waren seekrank.

Malta und Italien hatten den Rettungsschiffen wie schon in früheren Fällen das Anlegen in ihren Häfen verweigert. Im vergangenen Jahr waren mehrfach Schiffe mit Geretteten an Bord auf dem Meer blockiert worden, beispielsweise die Schiffe „Aquarius“ und „Lifeline“.

„Jeder, EU-Mitgliedsstaaten und Nichtregierungsorganisationen, sollten die entsprechenden Regeln befolgen, statt ihrem eigenen Willen zu folgen und von anderen zu erwarten, die Probleme zu lösen, die sie verursacht haben“, forderte Muscat.

In der Migrationsfrage sind die EU-Mitgliedsstaaten zerstritten. Solange es keinen europäischen Mechanismus zur Verteilung der aus Seenot Geretteten gebe, bleibe die Situation eine Notsituation, sagte Italiens Regierungschef Giuseppe Conte am Dienstagabend in einem Fernseh-Interview. „Die Enttäuschung ist groß, weil es uns nicht gelingt, die Schlussfolgerungen, die wir im Abstrakten erzielt haben, in etwas Konkretes umzusetzen“, sagte er mit Blick auf einen Gipfel der EU-Staats- und Regierungschef im vergangenen Sommer.

Nicht nur Hilfsorganisationen kritisieren, dass die Lösungen erst errungen werden, während die ohnehin schon traumatisierten Menschen auf dem Wasser ausharren. EU-Migrationskommissar Dimitris Avramopoulos dankte auf Twitter Malta und den anderen Staaten, die nun Solidarität zeigten.

(dpa)