Kurz nach dem Ende der von Moskau angeordneten Oster-Feuerpause im Ukraine-Krieg hat es in der Nacht in weiten Teilen der Ukraine erneut Luftalarm gegeben. Die ukrainische Luftwaffe warnte unter anderem im grenznahen Gebiet Sumy sowie in Charkiw, Saporischschja, Donezk und Dnipro vor einer Gefahr durch feindliche Luftangriffe. An mehreren Orten gab es Berichte über Explosionen. Zu Schäden oder Opfern war zunächst nichts bekannt.
Russlands Präsident Wladimir Putin hatte am Samstag eine 30-stündige Waffenruhe verkündet, die um Mitternacht Moskauer Zeit (23.00 Uhr MESZ am Sonntag) endete.
Einer Forderung des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj, die Feuerpause nach Ostern um 30 Tage zu verlängern, kam Moskau nicht nach. Auch auf einen weiteren Vorschlag Selenskyjs, für 30 Tage zumindest von Angriffen mit Drohnen, Marschflugkörpern und Raketen auf zivile Objekte abzusehen, reagierte der Kreml nicht.
Selenskyj: Russland verletzt Oster-Waffenruhe fast 3.000 Mal
Nach Ablauf der von Moskau angeordneten Oster-Waffenruhe hatte der ukrainische Präsident Selenskyj den russischen Streitkräften im Tagesverlauf 2.935 Verletzungen der Feuerpause vorgeworfen. Die meisten Angriffe der russischen Streitkräfte hätten sich gegen Pokrowsk im Gebiet Donezk gerichtet, berichtete Selenskyj auf der Plattform X.
Die Waffenruhe habe demnach auch nicht für das grenznahe russische Gebiet Kursk gegolten. Insgesamt habe es an der gesamten Frontlinie 96 russische Angriffe gegeben. In 1.882 Fällen sei Beschuss auf ukrainische Stellungen gemeldet worden. Zudem habe es über 950 Einsätze mit Drohnen gegeben, teilte Selenskyj unter Berufung auf Informationen des ukrainischen Oberbefehlshabers Olexander Syrskyj mit.
„Taten sprechen immer lauter als Worte“
Der ukrainische Präsident beklagte, dass Moskau weder seiner Forderung nach einer Verlängerung der Feuerpause noch seinem Vorschlag für eine begrenzte Feuerpause in der Luft nachgekommen war.
Selenskyj kündigte an, dass die Maßnahmen seines Landes weiterhin symmetrisch bleiben würden: „Waffenruhe wird mit Waffenruhe beantwortet, und russische Angriffe werden mit unseren eigenen zur Verteidigung beantwortet“, schrieb er weiter. „Taten sprechen immer lauter als Worte.“
Die Ukraine beklagt in dem seit mehr als drei Jahren andauernden Krieg vor allem fast täglich schwere Luftangriffe von russischer Seite mit massiven Schäden an Energieanlagen und ziviler Infrastruktur. Immer wieder sterben dabei Zivilisten, oder sie werden verletzt. Russland betont zwar stets, nur militärische Ziele anzugreifen, dennoch zeugen Bilder beinahe täglich von Treffern in Wohnhäusern oder anderen zivilen Objekten.
USA zunehmend ungeduldig
In den Bemühungen, zwischen der Ukraine und Russland zu vermitteln und ein Ende des Krieges zu erreichen, zeigt sich die US-Regierung zunehmend ungeduldig. US-Präsident Donald Trump schrieb am Sonntagabend in dem sozialen Netzwerk Truth Social: „Hoffentlich machen Russland und die Ukraine diese Woche einen Deal“. Er fügte hinzu: „Beide werden dann anfangen, große Geschäfte zu machen mit den Vereinigten Staaten von Amerika, die sich hervorragend entwickeln, und ein Vermögen verdienen.“
Trump verlangt von beiden Seiten Kompromissbereitschaft - was besonders bei den westlichen Verbündeten der Ukraine zu der Sorge führt, dass diese schmerzhafte Zugeständnisse machen muss. Putin ist bislang nicht von seinen Maximalforderungen abgerückt. US-Außenminister Marco Rubio hatte vor wenigen Tagen deutlich gemacht, dass die USA schnelle Fortschritte erwarten - und ihre Bemühungen um einen Frieden einstellen könnten, wenn sie zu dem Schluss kommen, dass ein Ende des Krieges nicht machbar erscheint.
Zuletzt schon Probleme mit Feuerpause für Energieanlagen
Bei seinem Telefonat mit US-Präsident Trump hatte Putin am 18. März eine Feuerpause für Energieanlagen angeordnet. Allerdings beklagte Selenskyj da ebenfalls eine Vielzahl von Verstößen von russischer Seite. Auch Moskau listete Dutzende Fälle auf, in denen russische Energie-Infrastruktur von ukrainischer Seite angegriffen worden sei. Diese Vereinbarung lief vorige Woche aus, ohne dass Putin offiziell eine Verlängerung verfügte.
Solche thematisch eingegrenzten Feuerpausen gelten als leichter umsetzbar als die umfassenden zu Wasser, zu Land und in der Luft. Kiew und Moskau warnen immer wieder, dass eine allgemeine Waffenruhe vor allem dazu genutzt werden könnte, dass sich die Gegner neu positionieren und aufrüsten, um dann gestärkt die Kampfhandlungen wieder aufzunehmen. Die beiden Kriegsparteien werfen sich gegenseitig vor, kein echtes Interesse an einem Frieden zu haben.
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