Silvio Berlusconi löst Regierungskrise aus

Die Koalition steht vor dem Aus, weil fünf Minister der Partei des „Cavaliere“ zurückgetreten sind.

Rom. Regierungskrise und politisches Chaos in Rom: Silvio Berlusconi hat den Stecker gezogen, wie man in der Ewigen Stadt gern sagt — seine fünf Minister verlassen das Kabinett von Enrico Letta.

Nach den Monaten der Spannungen, die durch das rechtskräftige Urteil gegen den Cavaliere unerträglich wurden, droht der Letta-Regierung einer großen Koalition das Aus. Wie es nun weitergehen kann, steht derweil in den Sternen.

Italien steckt noch mitten in der schwersten Rezession der Nachkriegszeit und schleppt einen hohen Schuldenberg mit sich. Politische Kopflosigkeit kann es jetzt am allerwenigsten gebrauchen, also auch kein verlorenes Jahr in der Wirtschaftskrise.

„Der Verurteilte versenkt Italien“, titelte am Sonntag nach dem Donnerschlag aus dem Berlusconi-Lager die linke Zeitung „Il fatto quotidiano“. Andere Blätter spekulieren bereits darüber, was jetzt passiert und welche neuen Regierungsallianzen sich bilden könnten.

Denn alle großen Parteien auf dem italienischen Schachbrett sind gespalten. Und in dieser völlig unübersichtlichen Lage kommt es vor allem auf Staatschef Giorgio Napolitano an und auf dessen Konsultationen mit Letta. Napolitano war bislang strikt gegen Neuwahlen, solange es keine Wahlrechtsreform gibt. Denn diese kann, so wie im Februar, erneut eine Patt-Situation im Parlament bringen.

„Schach auf Italienisch“, so nennen politische Beobachter in Rom, was derzeit über die Bühne geht. Weil Berlusconi der Ausschluss aus dem Senat droht, da er rechtskräftig wegen Steuerbetrugs verurteilt worden ist, kündigten die Parlamentarier seiner Mitte-Rechts-Partei PdL (Volk der Freiheit) lautstark ihren Rücktritt an.

Der vorsichtig agierende Letta will sich nicht mit einer immer stärker wackelnden Regierung an der Macht halten — und sich auch nicht von Berlusconi erpressen lassen.

Also antwortete er mit seinem Zug, indem er noch vor dem Votum für oder gegen Berlusconis Senatorensitz im Parlament die Vertrauensfrage stellen will. Der rechte Koalitionspartner soll gezwungen werden, öffentlich Farbe zu bekennen.

„Nicht zum ersten Mal scheint die PdL-Partei vor der Implosion zu stehen“, beobachtete die liberale Turiner „La Stampa“ am Sonntag — im Lager der rechten Leitfigur Berlusconi gibt es viele, die sich einen gemäßigten Kurs der Mitte wünschen, jetzt aber an den Rand gedrängt scheinen.

Die linke PD Enrico Lettas ist auch gespalten, ein recht großer Teil war von Anfang an dagegen, mit Berlusconi ein Bündnis einzugehen.

Ob die politische Landschaft Italiens wirklich umgestaltet wird, bleibt abzuwarten. Alles muss sich ändern, damit alles so bleibt, wie es ist, lautet ein Kernsatz des italienischen Denkens.