Syrien: Araber wenden sich von Assad ab
New York (dpa) - Ein Jahr nach Ausbruch der blutigen Gewalt in Syrien haben die arabischen Golfstaaten und die Türkei endgültig mit dem Regime von Baschar al-Assad gebrochen.
Die sieben Staaten haben die Schließung ihrer Botschaften in Damaskus angekündigt und ihre Bürger zur sofortigen Ausreise aufgefordert. Jetzt steht nur noch Russland treu zum Regime in Syrien. Doch gerade mit Blick auf Moskau mahnt der gemeinsame Vermittler von Vereinten Nationen und Arabischer Liga, Kofi Annan, zur Geschlossenheit.
Ein geeinter Rat könne die Dynamik des Konflikts ändern, sagte der frühere UN-Generalsekretär nach Angaben von Teilnehmern am Freitag in einer Sitzung des UN-Sicherheitsrates hinter verschlossenen Türen. Deshalb müsse der Sicherheitsrat zu einer geschlossenen Haltung zurückfinden.
Russland und China hatten dreimal Resolutionen, die die Gewalt des syrischen Regimes verurteilen sollten, blockiert, zweimal davon mit einem Doppelveto gegen die Mehrheit des Sicherheitsrates. Abgesehen von einer gemeinsamen Erklärung ist der Rat deshalb bislang stumm geblieben, obwohl nach UN-Schätzungen mehr als 8000 Menschen in den vergangenen zwölf Monaten in Syrien getötet wurden.
Annan war am vergangenen Wochenende in Damaskus und hatte auch mit Präsident Baschar al-Assad gesprochen. Syriens UN-Botschafter Baschar Dschaafari sagte, dass am Sonntag ein „technisches Team“ Annans in Damaskus eintreffen werde. Es soll weitere Missionen des früheren UN-Generalsekretärs vorbereiten. Aus dem syrischen Außenministerium verlautete, die Regierung in Damaskus sei weiter um eine politische Lösung der Krise in Zusammenarbeit mit Annan bemüht, halte aber an „ihrer Pflicht“ fest, „Bürger zu beschützen, „Terroristen zu entwaffnen und Straftäter zur Verantwortung zu ziehen“.
Russland betonte erneut, dass es gegen ein „Kriegsszenario“ in Syrien sei. Moskau werde immer gegen eine militärische Intervention sein - allerdings hatte die auch nie jemand gefordert. Die Resolutionen, die Russland im Sinne seines wichtigen Waffenkunden Syrien blockiert hatte, hatten keinerlei Sanktionen enthalten.
Der Generalsekretär des Golfkooperationsrates (GCC), Abdellatif al-Sajani, erklärte: „Die sechs Mitgliedstaaten des Rates haben entschieden, ihre Botschaften in der syrischen Hauptstadt Damaskus zu schließen, weil sie die Tötung des wehrlosen syrischen Volkes durch das Regime ablehnen.“ Katar, Saudi-Arabien, Oman, Kuwait, Bahrain und die Vereinigten Arabischen Emirate hatten ihre Botschafter bereits im Februar abberufen.
Auch das Außenministerium in Ankara erklärte: „Türkischen Bürgern in Syrien wird dringend geraten, in die Heimat zurückzukehren.“ Die Türkei schließt unterdessen die Einrichtung einer Pufferzone im syrischen Grenzgebiet nicht mehr aus. Sein Land prüfe die Bedingungen dafür und für die Einrichtung von Schutzzonen, zitierte die türkische Agentur Anadolu am Freitag Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan.
Die EU lässt den 27 Mitgliedstaaten freie Hand, ob sie ihre Botschafter im bürgerkriegserschütterten Syrien lassen wollen oder nicht. „Es gibt keinen Vorschlag, die Botschafter abzuziehen“, sagte ein Sprecher der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton am Freitag in Brüssel. Die Außenminister der EU wollen am Freitag kommender Woche die Sanktionen gegen das Regime von Präsident Assad verschärfen.
Die Organisatoren der Proteste in Syrien gaben indessen zum Jahrestag des Beginns der Revolution Durchhalteparolen aus. „Wir werden keinen Rückzieher machen, wir werden kämpfen bis zum letzten Blutstropfen, für Homs, für Daraa, für Idlib und für die Würde von ganz Syrien“, heißt es in einer Botschaft der sogenannten Union der Koordinatoren der syrischen Revolution.
Tausende von Menschen beteiligten sich am Freitag in Syrien an Protestaktionen unter dem Motto „Daraa, Geburtsort der Revolution“. Bis zum Nachmittag wurden nach Angaben von Aktivisten landesweit mindestens 31 Menschen getötet, darunter ein Ehepaar mit einem drei Monate alten Mädchen. Die Familie sei auf der Flucht aus dem Al-Hamidija-Viertel in der Stadt Hama erschossen worden, hieß es.