Terrorakt in London: „Ihr werdet niemals sicher sein“

Der Anschlag von London schockt die Briten. Es ist die erste Tat einer neuen Art von Terror-Taktik, vor der es kaum Schutz gibt.

London. Die Hauptstädter geben sich demonstrativ gelassen, die Politiker entschlossen — und doch lässt sich nicht verbergen, wie tief der brutale Macheten-Mord vom Mittwoch Großbritannien erschüttert hat. Nur langsam wird dem Land bewusst, dass der in Südlondon hingerichtete Soldat offenbar das erste Todesopfer einer neuen Terrortaktik ist: Unauffällige Einzeltäter attackieren Passanten aus heiterem Himmel mit technisch simplen Waffen.

Die britischen TV-Sender kippten ihr reguläres Programm, berichteten über immer neue grausige Details des Attentats: Wie das Opfer, ein Soldat in Alltagskleidung, nur wenige Meter vor Londons größter Kaserne von einem blauen Opel Tigra umgemäht wird. Passanten glauben an einen Verkehrsunfall, beobachten, wie zwei Männer über dem Soldaten knien, um ihn wiederzubeleben.

Ein Irrtum, wie sich herausstellt: Die Täter geben dem jungen Soldaten keine Herzmassage, sondern hacken mit Fleischermessern auf ihn ein, versuchen, seinen Kopf abzutrennen.

Der Tag hat auch seine unerschrockenen Helden — wie Ingrid Loyau-Kennett. Die 48-jährige Mutter zweier Kinder war nach Medienberichten Zeugin und verwickelte einen der Attentäter kurz nach der Tat in ein Gespräch, bis die Polizei kam. „Sie stehen allein gegen viele Menschen, sie werden verlieren“, habe die mutige Frau gesagt und den Mann gebeten, ihr die Messer auszuhändigen.

Loyau-Kennett hatte das Opfer den Angaben zufolge auf der Straße liegen gesehen und wollte Erste Hilfe leisten. Als sie aufschaute, stand einer der bewaffneten Männer vor ihr. Sie habe sich gedacht, es sei besser, mit ihm zu reden, bevor er noch jemanden angreift, berichtete sie.

Bis die Polizei kommt, vergehen quälende Minuten. Zeit, die die Täter nutzen, um sich vor Handy-Kameras von Passanten zu präsentieren. „Heute erklären wir London den Krieg“, sagt Michael A. , ein Brite mit nigerianischen Wurzeln. „Ihr werdet niemals sicher sein. Auge um Auge, Zahn um Zahn.“ Mit Schüssen streckt die Polizei die Täter schließlich nieder.

Obwohl die Männer der Polizei bekannt waren, wurde ihr Gefährdungspotenzial offenbar falsch eingeschätzt. Der Begriff „Nike-Täter“ macht die Runde: Analog zum Werbeslogan der Sportartikel-Firma „Just do it“ (Tu es einfach) gehen sie aus eigenem Antrieb scheinbar spontan auf Opfer los. Technisch simple Waffen bedeuten, dass sie anders als Bombenbauer unbemerkt durch das feine Frühwarnsystem der Terrorfahnder gleiten.