Timoschenko bleibt in Haft

Das Parlament in Kiew stoppt ein Gesetz, das eine Ausreise nach Deutschland ermöglicht hätte.

Kiew. Am Ende kam es doch noch zum Schwur. Nach wochenlangem Hin und Her ist am Donnerstag im ukrainischen Parlament der Versuch gescheitert, das Timoschenko-Gesetz zu verabschieden. Es sollte der inhaftierten Oppositionsführerin Julia Timoschenko die Ausreise zur medizinischen Behandlung in Deutschland ermöglichen.

Die EU hatte diesen Schritt zur Bedingung für ein wegweisendes Abkommen gemacht, das die Annäherung der Ukraine an Europa garantieren soll. Am Nachmittag dann ließ die Regierung in Kiew eine weitere Bombe platzen und legte den geplanten Vertragsschluss auf Eis. Das Projekt gefährde die nationale Sicherheit.

Die Zukunft des historischen Abkommens, das Ende kommender Woche bei einem Gipfeltreffen im litauischen Vilnius unterzeichnet werden sollte, ist nun völlig offen. EU-Erweiterungskommissar Stefan Füle kündigte an, schnellstmöglich nach Kiew zu reisen. Unterdessen bot der russische Präsident Wladimir Putin Dreiergespräche zwischen der Ukraine, der EU und dem Kreml an.

Moskau hatte zuletzt erheblichen Druck auf die Ukraine ausgeübt, die Annäherung an den Westen zu stoppen, und zugleich mit Wirtschaftshilfen und Krediten gelockt. Putin plant die Schaffung einer postsowjetischen Eurasischen Union. Ohne das Abkommen mit der Ukraine steht nun auch der EU-Gipfel vor dem Scheitern — und damit die EU-Strategie der Östlichen Partnerschaft, deren Ziel die Anbindung von sechs ehemaligen Sowjetrepubliken an die EU ist.

Am Donnerstag stimmten die Abgeordneten von Janukowitschs „Partei der Regionen“ mit ihrer Mehrheit demonstrativ gegen alle sechs Entwürfe für ein Timoschenko-Gesetz. Die Opposition reagierte empört mit „Schande!“-Rufen und verlangte eine Begnadigung Timoschenkos durch den Präsidenten.

Allerdings hat Janukowitsch wiederholt deutlich gemacht, dass er seine Intimfeindin nicht amnestieren werde. „Es kann keine Sonderbehandlung für Timoschenko geben“, erklärte er. Zuvor hatte er mehrere Geheimtreffen mit Putin absolviert. Über die Ergebnisse gibt es nur Spekulationen. Von Wahlkampfhilfe im Jahr 2015 ist die Rede, von neuen Milliardenkrediten und billigen Energielieferungen.

Die Opposition sucht das Heil in der Flucht nach vorn. Für Sonntag riefen die Timoschenko-Allianz „Vaterland“, die proeuropäische Partei des Boxweltmeisters Vitali Klitschko und die rechtsnationale Bewegung „Swoboda“ (Freiheit) zu einer Großdemonstration in Kiew auf. „Nur ein starker bürgerlicher Widerstand kann Janukowitsch stoppen“, sagte Klitschko.

Timoschenko selbst hatte aus dem Gefängnis heraus erklärt: „Ich bitte alle, die fähig sind zu kämpfen, Widerstand zu leisten. Und das muss jetzt geschehen, sonst wird es zu spät sein.“ Timoschenko knüpft damit an die Tradition der Revolution in Orange von 2004 an.