Todesstrafe für Gaddafi-Sohn in Libyen

Tripolis (dpa) - Ein libysches Gericht hat den Sohn des 2011 gestürzten Diktators Muammar al-Gaddafi wegen Kriegsverbrechen im Zuge der Aufstände gegen seinen Vater zum Tode verurteilt.

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Die Richter in Tripolis sprachen Saif al-Islam auch wegen Korruption schuldig, wie die staatliche Nachrichtenagentur LNA meldete. Gegen das Urteil kann noch Berufung eingelegt werden.

Der 43-Jährige stand seit April 2014 zusammen mit 36 weiteren Funktionären des früheren Regimes vor Gericht. Neben Al-Islam wurden am Dienstag auch Gaddafis letzter Ministerpräsident Al-Bagdadi Al-Mahmudi sowie der ehemalige Geheimdienstchef Abdullah al-Senussi zum Tode verurteilt.

Die Richter sahen es als erwiesen an, dass die drei 2011 zur Tötung friedlicher Demonstranten aufgerufen und ausländische Söldner angeworben hatten. Außerdem sollen sie bewaffnete Milizen zur Niederschlagung des Aufstandes gegen Gaddafi eingesetzt haben.

UN-Organisationen kritisierten das Zustandekommen des Urteils: In dem Prozess seien anerkannte Rechtsnormen verletzt worden, erklärte eine Sprecherin des UN-Hochkommissariats für Menschenrechte in Genf. Das Gericht in Tripolis habe die individuelle Schuld der Angeklagten nicht hinreichend nachgewiesen. Ähnlich äußerte sich die UN-Unterstützungsmission in Libyen (UNSMIL). Auch die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch sprach von einem „fehlerhaften Verfahren“.

Der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag hatte 2014 die Auslieferung Al-Islams gefordert. Er sollte sich dort wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit verantworten.

Das Gericht sprach am Dienstag zudem sechs weitere Todesurteile aus, vier Angeklagte wurden freigesprochen. Die meisten Beschuldigten wurden zu teilweise lebenslangen Haftstrafen verurteilt.

Saif al-Islam wird seit seiner Gefangennahme Ende 2011 in der westlibyschen Stadt Al-Sintan festgehalten. Kurz zuvor war sein Vater im Alter von 69 Jahren in seiner Heimatstadt Sirte von Rebellen erschossen worden. Al-Islam erschien aus Sicherheitsgründen niemals persönlich vor den Richtern in Tripolis, sondern nahm zeitweise per Videoschalte an den Verhandlungen teil.

Die lokalen Machthaber in Al-Sintan hatten sich stets geweigert, Al-Islam nach Den Haag oder auch nur an Tripolis auszuliefern. Das Misstrauen gegenüber den Hauptstadtbehörden sitzt tief.

Das Bürgerkriegsland Libyen ist seit dem Sturz Gaddafis nicht zur Ruhe gekommen. Es existieren zwei Regierungen nebeneinander: Die eher weltliche, international anerkannte sitzt im östlichen Tobruk. In der Hauptstadt Tripolis im Westen des Landes herrscht eine islamistische Gegenregierung. In dem ölreichen Land toben zudem seit Monaten Kämpfe rivalisierender Milizen. Das Chaos in dem Land machen sich die Extremisten vom Islamischen Staat (IS) zunutze.