Tote durch Regimegewalt in Syrien
Damaskus/Kairo/New York (dpa) - Die syrischen Streitkräfte gehen weiter mit schweren Waffen gegen Oppositionelle in der Stadt Hama vor. Beim Beschuss mit Panzergranaten seien mindestens fünf Menschen getötet worden, berichteten syrische Aktivisten am Dienstag im Internet.
Die Angriffe auf die Hochburg der Proteste gegen Machthaber Baschar al-Assad dauern schon Tage an, am Sonntag hatte es dabei möglicherweise rund 100 Tote gegeben. Im UN-Sicherheitsrat könnte das Ausmaß der Gewalt die Unterstützer Syriens nun doch zum Handeln zwingen. Diplomaten gehen davon aus, dass eine Reaktion des Gremiums auf die blutigen Ausschreitungen des Regimes nicht länger unmöglich ist. Bislang zögerliche Delegationen - darunter Russland und Brasilien - zeigten sich in der von Deutschland beantragten Sondersitzung des Rates am Montagabend (Ortszeit) aufgeschlossener, ein gemeinsames Signal des Sicherheitsrates senden.
Nun könnte ein früherer Entwurf der westlichen Sicherheitsratsmitglieder wieder auf den Tisch kommen, der die Gewalt verurteilen und alle Seiten zur Zurückhaltung aufrufen sollte. Strafen droht er dem Regime keine an. Die Verhandlungen darüber wurden am Dienstag im Sicherheitsrat fortgesetzt, aber von Teilnehmern als „zäh“ beschrieben. Vor zwei Monaten war das Papier vor allem an Russland und China gescheitert.
Deutsche Diplomaten warben in den Hauptstädten der resolutions-skeptischen Sicherheitsratsmitglieder für die deutsche Haltung. Diese ziele auf eine Erklärung mit Formulierungen ab, mit denen „Gewalt und Repression in Syrien in deutlicher Weise verurteilt werden“, hieß es aus dem Auswärtige Amt in Berlin.
Jedenfalls ließ Moskau Kompromissbereitschaft erkennen. „Sollte dies ein Text sein, der für das syrische Volk nützlich ist, so werden wir flexibel sein“, sagte der russische UN-Botschafter Witali Tschurkin am Montagabend (Ortszeit) in New York. „Unausgewogene Mittel“ wie Zwangsmaßnahmen und Sanktionen schloss ein ranghoher Beamter des Außenministeriums in Moskau am Dienstag nach Angaben der Agentur Interfax allerdings aus.
Auch die Bundesregierung schloss eine Militärintervention wie im Falle Libyens aus. „Ich warne davor, jetzt eine militärische Operation in den Vordergrund der Überlegungen zu schieben“, sagte der Staatsminister im Auswärtigen Amt, Werner Hoyer, in der ARD. Die Krise in Syrien berge die Gefahr einer Ausweitung des Konflikts.
Die Militärkampagne in Hama ging am Dienstag in ihren dritten Tag. Es blieb weiter schwierig, nachprüfbare Informationen zu bekommen. Bewohner der Stadt befürchteten einen weiteren Großangriff der Armee wie am vergangenen Sonntag, als dort möglicherweise rund 100 Menschen getötet worden waren. Einige Bewohner seien in umliegende Dörfer geflohen, hieß es in den Berichten der Menschenrechtsaktivisten.
Das staatliche Nachrichtenagentur Sana meldete indes, dass „bewaffnete Gruppen von Saboteuren“ den Justizpalast in Hama gestürmt hätten. „Hunderte von vermummten Männern auf Motorrädern“ hätten das Gebäude überfallen und in Brand gesteckt. Das staatliche Fernsehen zeigte Bilder bewaffneter Zivilisten auf einem Platz in Hama. In einer Menschenmenge waren einige Männer zu sehen, die Gewehre oder Schwerter trugen.
Nach Angaben von Menschenrechtsbeobachtern vom Dienstag waren am Vortag durch die Gewalt des Regimes in ganz Syrien 24 Menschen getötet worden, davon 10 in Hama. Nach dem Fastenbrechen am Montag, dem ersten Tag des Fastenmonats Ramadan, waren zehntausende Menschen auf die Straße gegangen, um den Rücktritt von Präsident Baschar al-Assad und seiner Gefolgsleute zu verlangen.